Ein Bericht von Karl Weber, Fußgönheim
Planungen und Wege zur Errichtung und Einweihung eines
Gedenksteines auf dem Friedhof in Bulkes anlässlich unserer zweiten
Heimatreise.
Diese Planungen begannen im Februar
2008, noch mit Franz Jung, es war ein großes Anliegen von ihm.
Über dieses Vorhaben wurde
bekanntlich in der Ausgabe August 2008 auf den Seiten 43-45
ausführlich berichtet und nach unseren Vorgesprächen mit der
Maglicer Gemeindeverwaltung am 21. Juli in einem Beiblatt „Letzte
Meldung“ gleich wieder in Frage gestellt.
Ergebnis des
Vorgespräches zum Gedenkstein:
Die Maglicer Seite konnte unseren
vorgesehenen Text auf dem Gedenkstein, der auch die Geschehnisse von
1945 bis 1948 beinhaltete, nicht vollständig akzeptieren, erklärte
sich aber bereit, das Projekt selbst zu finanzieren, wenn wir mit dem
etwas gekürzten Text einverstanden wären.
Ganz wollten wir die Gedenkstätte
aber auch nicht geschenkt haben. Wir erklärten uns bereit, bis zu
30 Prozent der Kosten zu übernehmen.
Somit konnten wir dann doch wie
angestrebt, am 21. September 2008, gemeinsam mit unseren Maglicer
Gastgebern, den Gedenkstein auf dem Friedhof, wie an anderer Stelle
beschrieben, einweihen.
Der Plan für eine Gedenktafel an der Kirche.
Dieses Vorhaben wurde ebenfalls in dem
Beiblatt „Letzte Meldung“ angeführt. Die Genehmigungen zu
diesem Projekt seitens der Gemeindeverwaltung Maglic und der
Orthodoxen Kirche bis zu unserem Besuch am 21. September 2008,
konnten wohl aus terminlichen Gründen nicht mehr realisiert werden.
In der Zwischenzeit wurde uns diese
Gedenktafel von beiden genannten Stellen genehmigt!
Mehr dazu an anderer Stelle dieser
Ausgabe.
Nötige Flexibilität bei An- und Abmeldungen
Bis Anfang Juli stiegen die
Anmeldungen, trotz einiger Absagen, auf 85 Teilnehmer an. Ab diesem
Zeitpunkt hielten sich die An- und Abmeldungen die Waage. Die letzte
Anmeldung erfolgte zwei Tage vor der Abreise der Busse. Bei dieser
Altersstruktur der Teilnehmer wollten und mussten wir flexibel für
An- und Abmeldungen sein.
Bei den Bussen war es kein Problem,
mit unseren Hotels hatten wir entsprechende Abmachungen getroffen.
Dank unseres sprachkundigen Willi
Bauderer in Wort und Schrift, konnten wir uns sowohl mit dem Hotel
„Park“ als auch bei unseren Vorhaben in Bulkes auf dem Laufenden
halten.
Struktur der Teilnehmer:
44 sind in Bulkes geboren;
20 Angeheiratete;
21 Nachkommen;
5 angeheiratete Nachkommen;
sowie 2 Verwandte und 1 Bekannter.
Die älteste Teilnehmerin war 85 Jahre
alt, 12 Teilnehmer waren Jahrgang 1928 und älter.
Willi u. Jutta Bauderer,
die ersten Anreisenden - letzte Abstimmungen in Maglic
Die guten Erfahrungen, die Franz Jung
und Willi Bauderer bei ihren Gesprächen der ersten Heimatreise vor
dem Eintreffen der Reisegruppe mit den Vertretern der Gemeinde Maglic
machten, bewogen Willi Bauderer, auch diesmal früher anzureisen; es
waren noch viele Details für das Tagesprogramm in Bulkes/Maglic zu
besprechen. Es hat sich wieder gezeigt, dass diese Gespräche sehr
notwendig waren.
Donnerstag, 18. September 2008 – 1. Anreisetag der Busreisenden
Wie geplant, starteten die beiden
Luxus-Fernreisebusse der Firma Rau-Touristik.
Bus 1 mit 58 Plätzen begann
die südliche Autobahnroute um 6 Uhr in Karlsruhe mit 5 Personen,
mit Zusteigestellen in Pforzheim 7, Heimsheim 5, Echterdingen 2,
Kirchheim/Teck 3, München 16, Bergen 1, und traf gegen 14.30 Uhr
pünktlich, mit 2 Minuten Vorsprung auf Bus 2 an der Raststätte
Ansfelden in Österreich ein.
Bus 2 mit 49 Plätzen startete
6.30 Uhr in Fußgönheim mit 20 Personen, mit Zusteigestellen in
Mutterstadt, 5 Personen und Nürnberg 3, war ebenso pünktlich
eingetroffen.
Hier gab es freudige Begrüßungen
bei bester Stimmung. Nach dem Zusteigen der ersten Teilnehmerin aus
Österreich fuhren die Busse gemeinsam nach Rust am Neusiedlersee und
trafen dort wiederum pünktlich gegen 18.00 Uhr ein, wobei uns
Claudia Wahl, unsere Filmemacherin aus Wien, bereits erwartete.
Hier ging es zunächst in das
Restaurant „Zur Alten Schmiede“ zum gemeinsamen Abendessen, hier
hatten sich die Insassen beider Busse bereits viel zu erzählen.
Anschließend fuhren wir zu den
Hotels in Rust und Mörbisch, wobei die meisten rechtzeitig zu Bett
kamen, zumal einige seit 4 Uhr Früh auf den Füßen waren.
Freitag, 19. September - die Fahrt durch Ungarn nach Neusatz (Novi Sad)
Nach einem guten und reichlichen
Frühstück vom Büfett begann die Fahrt um 8.30 Uhr. Zunächst am
Neusiedlersee entlang, wo wir noch drei Teilnehmer aus Wilfleinsdorf
willkommen heißen durften, dann Richtung ungarische Grenze bei
Nickelsdorf. In Ungarn blieben wir auf der Autobahn über Györ,
Budapest, Kecskemet bis zur ungarisch-serbischen Grenze zwischen
Szeged und Subotica.
Nach einem längeren
Grenzaufenthalt überquerten wir die Grenze zur Batschka im heutigen
Serbien, unserer alten Heimat und trafen schließlich nach einigem
Suchen in der Innenstadt von Neusatz, wohlbehalten und rechtzeitig
in unserem Hotel „Park“ ein.
Das Hotel "Park" (Foto:
R. Schertz)
Mit Otto Harfmann und Franz Jung jun.
war ich bereits vom 20. bis 22. Juli während unserer Vorreise in
diesem Hotel, zumal wir auch hier noch mit der Hoteldirektion einiges
zu besprechen hatten, was erfreulich verlaufen war. Wir waren damals
rundherum zufrieden und mussten nun feststellen, dass dieser
großartige Hotelpalast auch einige Mängel aufzuweisen hat.
Dieses Hotel gleicht wirklich einem
Palast. Beeindruckend schon die Lage in einem Park, dann das riesige
Foyer mit seinen zahlreichen, sehr bequemen und einladenden
Sitzgruppen über zwei Stockwerke, die an Festsäle erinnernden
Speisesäle und die hochwertig eingerichteten Zimmer.
In dieser Umgebung wurden wir mit
einem Vitamintrunk begrüßt. Nach der Aushändigung unserer
Zimmerkarten gab es allerdings Probleme in die Zimmer zu gelangen,
weil für 250 Zimmer, über 8 Stockwerke verteilt, nur ganze zwei
Fahrstühle für je 5 Personen zur Verfügung standen und diese
darüber hinaus nicht immer funktionierten.
Die meisten Doppelzimmer wurden uns
im 6. Obergeschoss zugewiesen, dieses Stockwerk war klimatisiert. Auf
Grund der Fahrstuhl-Misere blieb uns meistens nichts anderes übrig,
als die 6 Stockwerke zu Fuß über die Treppen zu bewältigen.
Da hatten es unsere
Einzelzimmer-Bewohner besser, die waren in unteren Stockwerken
untergebracht. Dafür hatten sie aber keine Heizung/Klimatisierung
und mussten den Föhn einschalten, um das Bad etwas zu erwärmen.
Zum Abendessen hatten wir jeweils
Menüs bestellt, dabei entsprach man unseren Vorstellungen, dass wir
alle - und nur wir - in einem Raum zusammen waren. Darüber hinaus
standen uns jeweils geräumige runde Tische mit 8 Stühlen - mit
schönen Tischtüchern versehen - zur Verfügung.
Da konnte das Menü mit etwas
eintöniger Hauptspeise und die umständliche und schleppende
Bestellung der Getränke nicht ganz mithalten.
Aber die Stimmung war sehr gut, wir
konnten unsere jeweiligen Programme für den kommenden Tag gut
vermitteln, vor allem die Jüngeren machten es sich nach dem
Abendessen an den bereits beschriebenen Sitzgruppen bequem, freuten
sich miteinander, wurden vom Bedienungspersonal bestens mit Trinken
versorgt und erzählten bis weit in die Nacht hinein.
Mir ist nicht bekannt, ob und wie
viele unserer Reisegruppe die weiteren Annehmlichkeiten wie
Hallenschwimmbad oder Sauna in Anspruch nahmen.
Samstag den 20. September
Frühstücksbüffet
im Hotel "Park" (Foto: R. Schertz)
Einweihung der Gedenkstätte in Mitrovic
Bekanntlich haben 16 Bulkeser in den
Massengräbern in Mitrovic ihre letzte Ruhestätte gefunden. Mir ist
kein Bulkeser bekannt, der das Zivillager Svilara in Mitrovic
überlebte. Über die kaum zu beschreibenden Zustände
in diesem Lager habe ich in der H-Z, Ausgabe Dezember 2007, auf Seite
11 ausführlich berichtet.
Trotz des schlechten und kalten
Wetters hatten sich 70 Bulkeser dazu entschlossen, der Einweihung
der Gedenkstätte in Mitrovic beizuwohnen und den über 2000 dort umgekommenen Landsleuten die Ehre zu erweisen.
Bei dieser Ehrung wirkten auch
Bulkeser mit, u. a. filmte Claudia Wahl mit Günter Greifenstein die
gesamte Veranstaltung im Auftrag der Landsmannschaft und für uns.
Gegen 8.30 Uhr machten wir uns mit
unseren Bussen auf den etwa 70 km weiten Weg. Er führte uns durch
Neusatz über die westliche Donaubrücke, durch die Fruska Gora
(Frankengebirge) über Ruma und wir erreichten - wie beabsichtigt -
noch vor 10.00 Uhr Mitrovic und hatten keine Probleme zum katholischen
Friedhof zu gelangen, dem Ort der Veranstaltung.
Außer unseren zwei Bulkeser Bussen
waren auch die Landsleute aus Ruma mit einem Bus gekommen. Viele
weitere Landsleute waren einzeln angereist. Ich schätze, dass etwa
400 Personen der Veranstaltung beiwohnten, darunter zahlreiche Serben
aus dem ganzen Land, die uns Deutschen auf irgendeine Weise zugetan
sind.
Im Übrigen hatten wir für unsere
älteren Reiseteilnehmer für alle Veranstaltungen Bänke
mitgenommen, die wir hier problemlos in der Nähe der Gedenkstätte
aufstellen konnten.
Die Einweihung begann um 10.30 Uhr mit
einem Trauermarsch durch eine Blaskapelle. Der ortsansässige Jovica
Stevic bemüht sich seit Jahren um die Aussöhnung des serbischen und
des deutschen Volkes. Ihm ist es zu verdanken, das diese Gedenkstätte
überhaupt errichtet werden konnte. In seiner Ansprache wies er auf
die völkerverbindende Bedeutung dieses Ereignisses hin, wenn auch
mit 60-jähriger Verspätung, aber doch, wie er sagte, um die
Ungerechtigkeit, die an unseren Freunden und Nachbarn - den
Donauschwaben - begangen wurde, etwas zu mildern.
Weitere Ansprachen folgten durch
Dr. Nenad Lemajic für die Stadt Mitrowitz, den Vorsitzenden der
Deutschen Minderheit in Serbien, Andreas Bürgermeier, den Vertretern
der deutschen und der österreichischen Botschaft, Georg Enzweiler
und Frau Dr. Ulrike Hartmann, dem Bundesvorsitzenden der
Landsmannschaft der Donauschwaben, Hans Supritz sowie dem
Vizepräsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Josef
Jerger.
Der geistliche Teil lag in den
Händen unseres Bulkeser Predigers Karl Weber, dessen Vater in diesen
Massengräbern liegt, für die evangelische Kirche, und Pfarrer Jakob
Pfeiffer aus Hodschag für die katholische Kirche.
Von den Klängen der Blaskapelle
begleitet, wurden Kränze niedergelegt. Für Bulkes hatten Käthe
Erin, geb. Bauer, und Horst Walch - ihre Großväter sind unter den
Opfern - die Ehre.
„Ihr bleibt immer in unseren
Herzen - Heimatgemeinschaft Bulkes“ lautete unsere Aufschrift.
Nach der Veranstaltung begaben sich
fast alle Teilnehmer mit ihren PKWs und Bussen zur „Svilara“,
dem berüchtigten Lager, der Stätte von Qualen, Leiden und Sterben,
wo seinerzeit mindestens 2000 Landsleute den Tod fanden und die
ersten Massengräber angelegt wurden.
Auch hier wurde eine kurze
Gedenkandacht abgehalten und Gestecke niedergelegt. Einige hatten
auch die ruinenhafte große Halle besichtigt, den ehemaligen
Hauptteil des Lagers. Die dritte Stelle der Massengräber, auf dem
jüdischen Friedhof, durfte nicht besucht werden.
Gegen 14.00 Uhr wurde uns in einem
geräumigen Saal ein kostenloses Mittagessen serviert, von unserem
Freund Jovica Stevic und seinen Helfern. Selbstverständlich
spendeten wir unseren freundlichen Gastgebern einige Euros, die sie
gut gebrauchen können.
Als wir bereits auf dem Weg über
Neusatz nach Jarek zu unserer Bulkeser Gedenkfeier waren, endete der
Gedenktag in Mitrovic mit einer deutschsprachigen katholischen Messe.
Bulkeser bei der
Einweihungsfeier (Foto: C. Wahl)
Ansprachen und Gebete von
Pfarrer Jakob Pfeifer, Hodschag, und Prediger Karl Weber, Karlsruhe (Foto: C.
Wahl)
Die Gedenkstätte nach der
Kranzniederlegung, ganz rechts die Bulkeser Schleife (Foto: C. Wahl)
Bulkeser nach der
Einweihungsfeier (Foto: C. Wahl)
Gedenkstunde an den Massengräbern in Jarek
Wie eingeplant, trafen wir mit unseren
Bussen gegen 16.30 Uhr am Hotel „Park“ ein. Nach dem Zusteigen
aller Bulkeser Reiseteilnehmer, die nicht in Mitrovic dabei waren,
machten wir uns geschlossen auf den Weg nach Jarek. Wir waren dort
von Hans Supritz und Josef Jerger offiziell angemeldet. Die
Verbandsgemeinde Temerin hatte uns erfreulicherweise den Weg zu den
Massengräbern zugänglich gemacht und an der Stelle, wo wir unsere
Andacht planten, das Gras gemäht.
Dort fanden wir noch den vor zwei
Jahren für unsere damalige Feier aufgeschütteten Hügel mit unserem
Kreuz vor. An dem trostlosen Gelände hatte sich nichts verändert,
es sei denn, dass das Unkraut noch höher geworden war.
An dieser Stelle sei darauf
hingewiesen, dass es für die Errichtung einer Gedenkstätte
endlich neue und verlässliche Nachrichten gibt, an anderer Stelle
dieser Ausgabe mehr dazu.
Nach dem Aufbauen unserer
mitgebrachten, neu gekauften Beschallungsanlage, die wir am folgenden
Tag der Gemeinde Maglic als Geschenk überließen, und dem Aufstellen
unserer Bänke, formierten sich 14 anwesende überlebende Bulkeser
Lagerkinder in einer Reihe und gaben dieser Stunde einen würdigen
Rahmen.
Bei unserer Gedenkfeier weilten auch
zwei Gäste:
Herr Dieter Tunkel, Pfarrer der
evangelischen deutschen Kirchengemeinde von Belgrad. Ihn hatten wir
zu unserer Andacht in Jarek und dem darauf folgenden Tag in Bulkes
als unseren Gast eingeladen. Pfarrer Tunkel wurde vor einem Jahr von
der Badischen Landeskirche in Belgrad eingesetzt, um Anspruch auf das
Kirchenvermögen der rund 40 ehemaligen evangelischen deutschen
Kirchengemeinden in der heutigen Vojvodina stellen zu können.
Bekanntlich wurde dieses Vermögen, wie das aller Deutschen im
damaligen Jugoslawien, 1945 konfisziert (geraubt).
Zum Zweiten ließ es sich der neu in
den Temeriner Verbandsgemeinderat gewählte Deutsche, Herr
Schiffler, der Rudolfsgnad als Kind überlebte, nicht nehmen, bei
unserer Bulkeser Gedenkandacht an den Massengräbern dabei zu sein.
Die Gedenkstunde begann mit einer Musikeinlage.
Vor der Gedenkstunde
(Foto: H. Krämer)
Nach dem gemeinsam gesungenen
Lied, „Harre meine Seele“, von Orgelmusik begleitet, trug Otto
Harfmann das Gedicht „Zu Eurem Gedenken“ - nach Ludwig Eisenlöffel -
vor:
Wir kennen Eure Namen
Und Euer bitt`res Los,
Ihr liegt verstreut wie Samen,
in dieser Erde Schoß.
Ihr musstet alles geben,
getreu bis in den Tod,
wir durften überleben
und fanden wieder Brot.
Uns seid Ihr nah’ geblieben,
durch Jahr und Tag und Stund,
denn Ihr seid eingeschrieben,
in unsrer Herzen Grund.
Wir legen Blumen nieder
für Vater, Mutter, Kind,
für Schwestern und für Brüder,
die umgekommen sind.
Wir falten unsere
Hände,
für Euch und bleiben
still,
dass Gott Euch so
vollende
wie seine Gnad es will.
Otto
Harfmann beim Vortrag (Foto: C. Wahl)
Lobet, ihr Völker, unsern Gott, lasst seinen Ruhm weit
erschallen,
der unsere Seelen am Leben erhält und lässt unsere Füße nicht gleiten.
Denn, Gott, du hast uns geprüft und geläutert, wie das Silber geläutert wird;
Du hast uns in den Turm werfen lassen, du hast auf unseren Rücken eine Last
gelegt,
du hast Menschen über unser Haupt kommen lassen, wir sind in Feuer und Wasser
geraten.
Aber du hast uns herausgeführt und uns erquickt.
(Psalm 66, 8-12)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute und Angehörige!
Wir sind nach unserer ersten Heimatreise im September 2006, vor zwei Jahren, zum zweiten Mal hierher gekommen, um unseren hier umgekommenen Angehörigen und den tausenden toten donauschwäbischen Landsleuten ehrend zu gedenken. Wir haben sehr gehofft, hier – wie schon in Mitrowitz und vor zwei Jahren in Gakova – eine würdige Gedenkstätte einweihen zu können. Das ist trotz vielen Bemühens auch nach 63 Jahren nicht gelungen. Das ist für uns sehr schmerzlich und zutiefst bedauerlich. Wir sind trotzdem dankbar, dass wir wenigstens hierher kommen durften, um an dieser Stätte im kleinen Kreis eine Gedenk- und wohl für die meisten von uns auch eine Abschiedsfeier zu halten.
Vor zwei Jahren sagte ich als ein Überlebender und Zeitzeuge folgende Worte, wie unsere Angehörigen und Landsleute hier im Lager gelitten haben und gestorben sind:
„Ich sehe noch heute den Schimmel, der den Leiterwagen mit den Toten zog. Ich sehe die beiden Männer, die mit der Tragbahre ins Haus kamen, um die Verstorbenen abzuholen. Sie trugen die Leichen bis an die Seite des Leiterwagens und kippten sie dann mit einem Ruck auf die anderen Toten, gleichgültig, ohne Rücksicht auf Würde und Pietät. Ich höre auch noch das tägliche und vor allem nächtliche Gejammer und Wehklagen der Kranken und Sterbenden in den überfüllten Zimmern.
Es war kein Sterben, dieser Ausdruck ist viel zu schön und human. In Jarek war es ein elendes Verenden, und ich erinnere mich, dass mir die Beerdigungen daheim in unserem Dorf, die ich bewusst erlebt hatte, immer wieder in den Sinn kamen. Wie waren die so feierlich und rührend gewesen! Das ganze Dorf hatte immer Anteil genommen. Hier in Jarek kümmerte sich mit zunehmender Dauer kaum noch jemand um die Sterbenden. Die Menschen, Kinder wie Erwachsene, verendeten wie Tiere, oft allein, ohne liebevolle Pflege und Hilfe. Sie starben in Schmerzen und Qualen, in Kummer und Heimweh, ohne Trost und geistlichen Beistand. Damals beneidete ich als 10/11 Jähriger die Toten, die noch daheim hatten sterben können.“
Da wir damals nicht auf den Friedhof bzw. an die Massengräber mit durften, möchte ich zwei Augenzeugen zu Wort kommen lassen, die die Frage beantworten:
Wie sah es mit der Bestattung der Toten im Vernichtungslager aus?
Dazu Georg Haug: „Als ich im Januar 1945 nach Jarek zurück kam, waren die meisten Grüfte von den Totengräbern schon geöffnet und mit fremden Leichen vollgestopft worden. Für die Totengräber, auch Deutsche aus dem Lager, die zu dieser Arbeit bestimmt worden waren, war dies die einfachste Bestattungsmöglichkeit. Die Toten wurden ohne Sarg einfach in die Grüfte hineingestoßen. Dies klingt für einen, der es nicht gesehen hat, unglaublich, wenn man aber weiß, dass jeden Mittag nach 12 Uhr auf einem Totenwagen acht, zehn und sogar zwölf und mehr Tote wie Garben oder Büschel von Maislaub hinausgefahren wurden, dann kann man es verstehen.
Nachdem alle Grüfte voll waren, wurden die Leute einfach zwischen den Gräbern verscharrt. Als aber täglich 30, 40, 50 und mehr Leute starben, wurden sie in Massengräbern beerdigt. In einer zwei Meter tiefen und zwei Meter breiten Grube wurden drei bis vier Tote nebeneinander gelegt und die anderen darüber aufgeschichtet. War die Grube voll, dann wurde daneben drei Meter tief ausgegraben, und diese Erde bedeckte die Toten. Meines Wissens entstanden auf diese Weise sechs oder sieben Massengräber mit einer Länge von 60 bis 70 Metern, die vom Totenhaus her unter der letzten Gruftreihe beginnend in Richtung auf die Häuser verliefen.“
Jakob Pleeß, selbst zeitweilig Totengräber, verweist auf weitere pietätlose Praktiken, die von der Lagerleitung befohlen wurden: „Im Mai 1945 brach im Lager Typhus aus. Täglich sind in dieser Zeit 40 bis 45, einmal sogar 53 Personen gestorben. Sie wurden in Massengräbern auf dem Friedhof ohne Beisein der Angehörigen und ohne Priester eingescharrt. Ich war damals vier Monate hindurch Totengräber. In einem Massengrab, zwei Meter breit und zwei Meter tief, hatten wir 500 bis 700 Tote in vier bis fünf Schichten aufeinander gelegt. Den Friedhof durften nur die Totengräber betreten. Es gab insgesamt 16 Totengräber. 12 Männer, darunter auch ich, haben morgens die Gräber ausgehoben und abends zugedeckt. Vier Totengräber führten die Toten aus dem Lager auf den Friedhof, entkleideten sie und schichteten sie in die ausgehobenen Gräber. Die Toten wurden auf Befehl nackt beerdigt! Die Kleider mussten von den Totengräbern in einem Magazin abgegeben werden.“ (Aus Bd. III des Leidensweges der Donauschwaben, Seiten 804 und 805.)
Die jetzige Situation, wie wir sie heute vorfinden, gibt uns einen realistischen Eindruck über die damalige Zeit, als man unsere verstorbenen Angehörigen und Landsleute hierher karrte und verscharrte.
Bei allem Bedrückenden jener Zeit, auch angesichts der für uns sehr beschwerenden Tatsache, dass es nicht gelungen ist, heute eine würdige Gedenkstätte für die hier ruhenden Toten einzuweihen, wollen wir als Christen nicht vergessen, dass Gott einmal recht richten und alles Unrecht dieser Welt ans Licht bringen wird. Wir haben eine Hoffnung auf die Auferstehung bei der Wiederkunft Jesu Christi, so wie es der Apostel Paulus in 1. Korinther 15, Verse 42-44 bezeugt:
„So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib.“
Gebet auf dem Friedhof in Jarek
Wir befinden uns heute wieder hier an dem Ort, wo wir vor 63 Jahren zusammen mit vielen Angehörigen und Landsleuten großes Leid erlitten haben. Viele unserer Lieben sind hier elend umgekommen und anschließend in Massengräbern verscharrt worden. Wir konnten sie nicht würdig bestatten und wissen nicht, wo die Einzelnen begraben liegen.
Wir sind auch traurig, dass wir heute keine würdige Stätte zu ihrem Gedenken einweihen können. Stellvertretend gedenken wir aller unserer toten Landsleute, die während des 2. Weltkrieges und danach umgekommen sind.
Wir bitten dich um die Kraft, dass nicht Hass und Gewalt, sondern Versöhnung und Friede die Oberhand gewinnen. Wir bitten dich um Kraft zu vergeben, auch wenn wir nicht vergessen können. Hilf uns, dass wir uns nicht abfinden mit dem Bösen und die Welt denen überlassen, die sie mit Hass und Lüge überziehen. Gib uns die Kraft, für Recht und Barmherzigkeit einzutreten.
Wir hoffen auf dich, dass du nach deinem Wort dereinst die
Toten aus ihren Gräbern auferwecken wirst, nach der Kraft, mit der du alles dir
untertänig machen wirst. Dies bitten wir in der Hoffnung auf das Kommen deines
Reiches, durch Jesus Christus, unseren Erlöser. Amen.
Überlebende
seinerzeitige Kinder im Vernichtungslager Jarek (Foto: H. Krämer)
Nachdem er sich vorgestellt hatte,
betete dann Pfarrer Dieter Tunkel mit uns gemeinsam das Gebet des
Herrn und sprach den Segen aus.
Vater unser im Himmel. Geheiligt
werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im
Himmel, so auf Erden. Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib
uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und
führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in
Ewigkeit. Amen.
Der Herr segne und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr hebe sein Angesicht über uns und gebe uns Frieden. Amen.
Den Abschluss unserer Gedenkstunde bildete das gemeinsam gesungene Lied, „So nimm den meine Hände …“
Während der
Gedenkstunde (Foto: C. Wahl)
Während der
Gedenkstunde (Foto: C. Wahl)
Kranzniederlegung: E.
Richter geb. Braun und M. Schäfer geb. Hoffmann (Foto: H. Krämer)
Unser Kranz, Hügel mit
Kreuz, vor dem Gelände der Massengräber (Foto: C. Wahl)
Die Zeit war vorgerückt, der Abend
war nahe herbeigekommen. Wir bauten unsere Beschallungsanlage wieder
ab, klappten unsere Bänke wieder ein und gingen die etwa 200 m zu
unseren Bussen.
Unsere Rückfahrt nach Neusatz verlief
nicht ganz nach Wunsch. Auch unsere ortskundigen Beifahrer mussten
mit ansehen, dass wir im Halbdunkel in den Außenbezirken von Neusatz
durch einen fehlerhaften Navigator an eine Müllhalde irregeleitet
wurden.
Schließlich freuten wir uns um so
mehr, dass wir nach einem - vor allem durch das kalte Wetter -
anstrengenden Tag wieder wohlbehalten in unserem nun bereits
vertrauten Hotelpalast, wie angemeldet um 19.00 Uhr unser Abendmenü
serviert bekamen.
Empfang und Dorfrundfahrt
Wir fuhren weiter bis an unser erstes
Ziel an die Kirche. Dort wurden wir von der Gemeindeverwaltung
Maglic erwartet und empfangen, an der Spitze Bürgermeister Zotovic.
Stolz präsentierten sie uns gleich den neu gestalteten Platz vor
der Kirche mit einem herrlichen Kreisel voller Blumen.
Zu unserem Empfang läutete unsere
letzte verbliebene Glocke, allerdings war sie für die im Bus
gebliebenen schwer zu hören.
Hier stiegen unsere Gastgeber, der
1. und der 2. Bürgermeister, in unsere Busse zu, um uns auf der
Dorfrundfahrt durch fast alle Straßen zu begleiten.
Ich übernahm im ersten Bus die
Führung, gab unserem Fahrer die Geschwindigkeit so vor, dass ich
fast alle Häuser auf beiden Seiten erklären konnte. Erleichtert
stellte ich fest, dass in den zwei Jahren an der Dorfstruktur keine
sichtbaren Veränderungen zu sehen waren.
Wie verabredet endete die Rundfahrt
am Friedhof. Was wir da zu sehen bekamen, übertraf alle unsere
Erwartungen.
Einweihungsfeier
der Gedenkstätte auf dem Friedhof in Bulkes
Außer
der Zusicherung von Maglicer Seite, dass die Gedenkstätte
rechtzeitig fertig gestellt sein würde, wussten wir vor unserer
Abfahrt kaum Einzelheiten über das Geschehen.
Wir hörten lediglich inoffiziell, dass auf dem
Friedhof fest gearbeitet wird, waren aber trotzdem skeptisch. Erst
als Willi Bauderer Dienstags vorher in Bulkes Gespräche führte und
auf dem Friedhof die Lage erkundete, gab er uns den positiven
Bescheid.
Es war angenehm zu sehen, dass
diesmal ein noch wesentlich größeres Gelände freigeräumt wurde
als vor zwei Jahren und die freigeräumte Fläche sehr sauber vor uns
lag. Wir konnten die noch vorhandenen Grabsteine begehen und
fotografieren. Viele Inschriften sind noch einwandfrei zu lesen.
Wir sind sehr dankbar, dass die
Gedenkstätte genau an der von uns gewünschten Stelle ihren Platz
fand und staunten über die 18 mal 25 Meter große Fläche, die mit
sehr schönen und sicherlich lange haltbaren Platten belegt wurde.
Wegen dem unsicheren Wetter wurden
große Überdachungsschirme und Bänke aufgestellt. Zur Einweihung
hatten sich über 100 Maglicer bzw. Petrovacer Bürger eingefunden.
U. a. war der gesamte Gemeinderat der Verbandsgemeinde Petrovac
erschienen.
Nachdem wir unsere
Beschallungsanlage aufgebaut und auch unsere mitgebrachten Bänke
aufgeklappt hatten, begann die Einweihungsfeier.
Vor der Einweihungsfeier
(Foto: C. Wahl)
Mitwirkende bei der
Einweihungsfeier (Foto: H. Krämer)
Während der
Einweihungsfeier (Foto: H. Krämer)
Eröffnung und Begrüßung
Nach einer einführenden Orgelmusik
sprach Bürgermeister Zotovic herzliche
Begrüßungsworte an die Teilnehmer und wies auf die
große Bedeutung dieses Ereignisses hin.
Anschließend begrüßte auch ich
kurz die Anwesenden und sprach meine ersten Dankesworte
an die Maglicer Verantwortlichen und
die Bürger.
Danach überbrachte unser Futoker
Landsmann Stefan Barth die Grüße der Donauschwaben aus aller
Welt, insbesondere vom Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der
Donauschwaben in Deutschland, Hans Supritz, und Josef Jerger, dem
nunmehrigen Vizepräsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben.
Sie hatten fest zugesagt, mussten aber wegen eines schweren
Krankheitsfalles in der Familie umgehend die Heimreise antreten.
Enthüllung des Gedenksteines
Nach
dem gemeinsam gesungenen Lied „Harre meine Seele …“ wurde der
Gedenkstein enthüllt.
Dazu
hatten von Maglicer Seite Bürgermeister Radomir Zotovic und von
Bulkeser Seite Franz Jung jun. an Stelle seines verstorbenen Vaters,
die Ehre.
Bürgermeister Zotovic und Franz Jung jun. enthüllen
den Gedenkstein (Foto: R. Schertz)
Gedichte von Maglicer Schulkindern
Es war sehr wohltuend und auflockernd,
dass auch Kinder an dieser Gedenkfeier beteiligt waren. Zu diesen
Gedichten liegen uns leider keine Übersetzungen vor.
Kranzniederlegungen
Nach dem von Maglicer Seite ein Kranz
niedergelegt worden war, legten auch wir Bulkeser durch Otto Harfmann
und Franz Jung jun. unter den Klängen „Ich hatt’ einen Kameraden
…“ einen Kranz nieder mit der Aufschrift: „Zum ehrenden Gedenken –
Heimatgemeinschaft Bulkes“.
Nach der Kranzniederlegung durch Otto Harfmann unf Franz Jung
jun. (Foto: H. Krämer)
Nach der Einweihungsfeier (Foto: C. Wahl)
Danach erfolgte der geistliche Teil
der Einweihung, Ansprache und Gebet durch Prediger Karl Weber,
Karlsruhe, assistiert von Pfarrer Dieter Tunkel.
Begehung der Gedenkstätte und des Friedhofes
Nun gab es genügend Zeit, den
Gedenkstein in Augenschein zu nehmen, Bilder zu machen und das frei
geräumte Gelände des Friedhofes zu begehen. Natürlich lagen die
noch zahlreich vorhandenen Grabsteine fast ausnahmslos auf dem
Boden. Dabei fand Elfriede Noitz, geb. Klauß, den Grabstein ihrer
Urgroßmutter Barbara Klauß, geb. Wahl.
Gedenkstein mit Vorplatz, der Friedhof im Hintergrund
(Foto: H. Krämer)
Andacht vor unserer Heimatkirche
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bulkeser Landsleute und Angehörige!
Wir stehen nach zwei Jahren erneut wieder im Vorraum unserer ehemaligen Kirche und sind tief bewegt und ergriffen. Denen, die es noch bewusst erlebt haben, kommen sicher sehr viele Erinnerungen in den Sinn an die Gottesdienste, Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten, die hier stattgefunden und die man selbst erlebt hat.
Was der König David damals von dem Heiligtum in Jerusalem sagte, sie war ihm der Ort der Gegenwart Gottes, das können wir auch von unserer ehemaligen Kirche sagen. Sie war nicht nur äußerlich der Mittelpunkt unseres Dorfes, sondern auch geistlich und kulturell, und sie gab unserer evangelischen Gemeinde den inneren Halt.
Lassen Sie mich nun einen Rückblick tun in die Geschichte und die Anfänge unserer Vorfahren, die diese Kirche mit Glaubensmut und großen Opfern erbaut haben. Im „Bulkeser Heimatbuch, Geschichte einer deutschen Gemeinde in der Batschka von 1786 bis 1944“ finden sich dazu folgende Ausführungen:
„Wer das erste Kassabuch unserer Gemeinde durchstudiert, der bekommt einen Einblick in die schwierigen Geldverhältnisse unserer Väter. Und in dieser Zeit haben sie es gewagt, den Bau einer Kirche zu unternehmen! Es war so gut wie kein Geld da, als sie das Werk begonnen haben, aber durch ihre Glaubenstreue und Opferwilligkeit haben sie das Unmögliche möglich gemacht. Sie haben keinerlei Zuschüsse anderwärts für den Kirchenbau bekommen, nein, sie mussten alles aus eigenen Mitteln bestreiten. Durch eine überwältigende Selbstbesteuerung haben sie das heilige Werk vollenden können. Im Jahre 1815 haben unsere Väter beschlossen, alljährlich für den Kirchenbau einen großen Metzen Frucht pro Haus zu liefern, ferner hat jede Viertelsession ebenfalls einen Metzen Frucht, einen Metzen Kukuruz (Mais), 3 Metzen Hafer für denselben Zweck abgeliefert. Diese Last haben sie nicht ein oder zwei Jahre getragen, nein, diese Abgaben haben sie bis zum Jahre 1826 geleistet. Welch ein Opfersinn! Was würden wir heute wohl geben? Unsere Väter haben nicht von ihrem Überfluss gegeben, wie wir, wenn wir opfern, sondern sie haben es sich vom Munde abgespart; ihnen ist es recht sauer geworden und darum war es ein geheiligtes Opfer! Wer die Tat des Kirchenbaus unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, den ergreift eine heilige Scheu vor der Opferfreude unserer Vorfahren.
Nachdem nun der Rohbau ohne Turm
und Inneneinrichtung soweit fertig stand, wurde das Gotteshaus in feierlicher
Weise seiner Bestimmung übergeben. Die Kirchweihe fand am 2. Adventssonntag des
Jahres 1820 statt. Die Weihrede hielt der damalige Ortspfarrer Joseph Spannagel
in Anwesenheit einer großen feiernden Gemeinde auf Grund des Bibelwortes:
Epheserbrief, Kapitel 2, die Verse 19-22:
‚So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger der Heiligen
und Gottes Hausgenossen. Erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da
Jesus Christus der Eckstein ist; auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt
wächst, zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchem auch ihr mit erbaut
werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.’
Was muss das für ein Jubel und eine Freude gewesen sein! Soweit sind sie mit Gottes Hilfe gekommen, dass sie nun eine Kirche ihr eigen nennen dürfen. Jetzt gingen unsere Väter mit neuem Eifer an die innere Ausgestaltung der Kirche.
Unsere Väter waren gewiss fromme Menschen, die unentwegt zu ihrem Väterglauben standen, das bezeugt der Kirchbau und die damit verbundenen Opfer sowie auch die Erwählung ihres Gemeindewappens. In diesem Zusammenhang will ich über die erwähnten Dinge etwas sagen.
In dem Schreiben des Pfarrers Josef Spannagel an den Baumeister Schmaus sagt er wörtlich: ‚… Unsere Gemeinde besteht zur Zeit aus 1600 Seelen, und auf diese Anzahl wollen wir auch die neue Kirche gebaut haben. Sonst giebt es bey uns 300 evang. Ehepaare und 235 Häuser …’
Daraus folgt: unsere Kirche ist für eine Gemeinde von 1600 Seelen bestimmt, das heißt, sie ist gerade groß genug für eine solch starke Gemeinde, die auch ordnungsgemäß den Gottesdienst besucht, was unsere Väter zweifellos auch getan haben. Das Bethaus war nicht nur baufällig, sondern auch schon zu klein geworden, um die Gläubigen fassen zu können. Ist das nicht ein Zeichen der Religiosität unserer Ahnen?
Heute (nämlich 1936 bei der 150-Jahr-Feier) zählt unsere Kirchengemeinde genau 2618 Seelen und über 500 Häuser, die Kirche aber ist trotz des Anwachsens der Seelenzahl nicht zu klein geworden, sondern ist vielmehr zu groß. Ist das nicht wieder ein Zeichen dafür, dass wir heutigen Menschen nicht mehr so fleißig und aus einem Bedürfnis heraus den Gottesdienst besuchen? Wir halten einer Gegenüberstellung mit unseren Vätern in dieser Hinsicht nicht stand! Wer will das bezweifeln?“
Soweit die Ausführungen aus dem Bulkeser Heimatbuch.
Nach dem Krieg und unserer Vertreibung und Internierung 1945 wurde diese Kirche entweiht und in schändlicher Weise missbraucht für andere Zwecke. Wie nun diese mit vielen Opfern erbaute und liebevoll gepflegte Kirche sich heute darstellt, das können wir selbst in Augenschein nehmen.
Wir wissen nicht, was mit ihr geschehen soll und wie es weitergehen wird. Ob sie je wieder ihrer eigentlichen Bestimmung übergeben wird? Uns bleibt nur die schöne Erinnerung an die Vergangenheit und die bedrückende, traurige Gegenwart dieser Kirche.
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch.
Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichen Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt.
Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist.“
Amen.
Lasst uns beten:
Herr, unser Gott! Wir haben hier keine bleibende Stadt. Wir sind unterwegs
und müssen alles zurücklassen auf dem Wege, den wir gehen.
Richte unsere Herzen auf das Ziel deines herrlichen Reiches, und lass uns dankbar annehmen, verantwortlich gebrauchen und getrost wieder abgeben, was du uns in dieser vergänglichen Zeit zur Verfügung stellst, bis wir dich sehen von Angesicht zu Angesicht.
Das bitten wir durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn.
Lasst uns gemeinsam beten, wie Jesus es uns gelehrt hat:
Vater unser im Himmel. Geheiligt
werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf
Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern
erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die
Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Segen
Der Herr segne und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht über uns und gebe uns Frieden. Amen.
Die Kirche (Foto: H. Krämer)
Auch hier bat Karl Weber, Karlsruhe,
Pfarrer Tunkel um seine Mitwirkung. Betroffen von dem Zustand der
Kirche im Innern, richtete er einige persönliche Worte an uns und
sprach die Hoffnung aus, dass es uns alsbald genehmigt wird, eine
Gedenktafel an unserer Kirche anbringen zu dürfen (an anderer
Stelle mehr dazu).
Nach dem gemeinsamen Gebet erteilte uns Pfarrer Tunkel den Segen des Herrn.
Besichtigung der Kirche
Nun gab es auch hier Gelegenheit sich
im Innern der Kirche umzusehen. Dabei war keine Änderung des
trostlosen Zustandes gegenüber 2006 festzustellen. Die orthodoxe
Kirchengemeinde ist Besitzer der Kirche und hält ihre Gottesdienste
im Vorraum unserer Kirche ab. Für den Innenraum fühlt sich seit
vielen Jahren offensichtlich niemand zuständig.
Bekanntlich ist eine neue (kleine) Kirche, auf dem Platz gegenüber der Kirche (Eisemanns-Wirtshaus) seit Jahren im Bau, aber nach wie vor ist der Rohbau noch nicht fertig.
Das gemeinsame Mittagessen im Restaurant in unserem ehemaligen
Pfarrhaus
Zum Abschluss unseres gemeinsamen
Tagesprogrammes, hatten wir, wie schon vor zwei Jahren, wieder
unsere Gastgeber eingeladen, dazu noch alle, die in irgend einer Form
zur Verwirklichung der Gedenkstätte auf dem Friedhof beigetragen
haben. Ebenso alle Ehrengäste, die der Einweihung beiwohnten.
Auch diesmal glich der Saal einem
Festsaal und das Essen war das Beste, was uns auf unserer Reise
angeboten wurde. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt, zumal uns noch
der angekündigte Besuch in unseren Häusern bevorstand.
Wir nutzten die Gelegenheit, um uns
bei einem Teil unserer Gastgeber mit der Überreichung kleiner
Präsente zu bedanken.
Beim Mittagessen in Bulkes im ehemaligen Pfarrhaus (Foto: E. Noitz)
Ein Dank an die neuen Bewohner von Bulkes, dem heutigen Maglic
Man hat uns nun zum zweiten Mal einen
sehr herzlichen Empfang bereitet. Das ist nicht selbstverständlich,
ja es ist eine Ausnahme. Uns ist auch nicht bekannt, dass sich die
neuen Bewohner anderer Ortschaften finanziell an einer Gedenkstätte
für deutsche Toten beteiligten, ja sogar alle Kosten übernehmen
wollten. Darüber hinaus ist die Gemeindeverwaltung interessiert,
unsere Kirche als Bauwerk und die Struktur des Dorfes erhalten zu
wollen. Das sind völkerverbindende Gesten hohen historischen
Ausmaßes.
Wir, die Heimatgemeinschaft Bulkes, sagen an dieser Stelle „Herzlichen Dank“ !!
Die Ereignisse brachten es mit sich, dass am Montag um 9.00 Uhr ein Gespräch zwischen der Gemeindeverwaltung Maglic und des Heimatausschusses notwendig wurde. Dazu im Folgenden der Bericht von Otto Harfmann.
Claudia Wahl und ich hatten für
die Zeit nach der Sitzung, assistiert von Otto Harfmann,
Filmaufnahmen von rund 180 Bulkeser Häusern auf dem Plan.
Wir konnten dann um 11.15 Uhr mit dem
Filmen beginnen, aber weil wir sehr knapp in der Zeit waren,
versorgte uns Otto mit Essen und Trinken, was wir dann in den
Aufnahmepausen zu uns nahmen. Um alle noch ausstehenden Häuser
aufnehmen zu können, mussten wir fast ganz Bulkes begehen und trotz
der weiten Wege hatten wir bis 18.00 Uhr alles geschafft.
Für 40 Teilnehmer hatten wir mit dem einen Bus kurzfristig eine kleine Rundreise organisiert. Darüber berichtet im Folgenden Jutta Bauderer-Häberle.
Die Übrigen der Reisegruppe hatten den Tag einzeln, jeder für sich, mit verschiedenen Zielen, an verschiedenen Orten, verbracht.
Reiseberichte von Teilnehmern
Ausschnitte aus einem persönlich gerichteten Schreiben über die Reise von Gerda Schmid, geb. Hähnel, Jahrgang 1942, Haus Nr. 466, wohnhaft in Nürnberg
„Es sind schon wieder fast vier Wochen vergangen, dass wir voller Eindrücke von unserer Heimatreise zurückgekehrt sind. Im Gegensatz zu 2006, habe ich dieses Mal ein Gefühl der Ruhe, wenn ich an Bulkes denke. Wir haben würdige Stunden des Gedenkens erlebt, an den äußeren Umständen werden wir wohl nicht mehr viel ändern können (Massengräber, Zerfall der Kirche).
Ich habe wieder mehr erfahren können, was meine Vorfahren betrifft und bin durch all die Straßen gegangen, sogar in der Csarda war ich, wobei viele Erinnerungen an die Erzählungen aufgekommen sind. Ich denke, damit sollte ich es auch bewenden lassen. Das Bulkes von heute ist nicht mehr unsere Heimat, unser Dorf. Ich will es aber gerne so sehen, wie ich es aus den Schilderungen kenne, als es noch von unseren Familien bewohnt wurde und ganz mit aktivem Leben erfüllt war.
Auch dieses Mal bin ich Dir, lieber Karl und allen, die Dir geholfen haben diese Fahrt und den Aufenthalt zu organisieren, unendlich dankbar. Besonderen Dank für den unermüdlichen Einsatz jedem gerecht zu werden und zu helfen, bei Fragen nach der Herkunft oder über die Geschehnisse damals.
Ich habe zwar gesagt, jetzt ist es für mich genug
und ich fahre nicht mehr mit – aber sicher bin ich mir nicht!“
Eine unvergessliche Reise in die Heimat meiner Vorfahren
Als ich in Ansfelden einstieg, wartete schon die erste Überraschung auf mich. Ich suchte mir einen freien Platz und der Zufall wollte es, dass ich mich neben Margarethe Schuster setzte. Als wir uns gegenseitig vorstellten, kamen wir darauf, dass wir beide geborene Klaus sind. Der Bann war gleich gebrochen und wir hatten Gesprächsstoff bis Rust.
Die lange Busfahrt nach Novi Sad war meinen Verwandten und mir nie langweilig, denn wir wurden mit Fragen nach der Vergangenheit und Anschauen von Fotos kaum fertig. Doch Katharina Höhler, Maria Ott und Herta Rößner, unsere Sitznachbarn im Bus, konnten uns vieles erklären. Am allermeisten freute ich mich auf den Tag in Bulkes.
Dort war es wieder Zufall, dass ich gleich hinter dem neuen Gedenkstein, einen alten, gut erhaltenen Grabstein mit dem Namen „Barbara Klaus“ fand. Die Hoffnung, dass es meine Urgroßmutter war, wurde mir in der Zwischenzeit, nach der Reise, durch Nikolaus Weber bestätigt!
Als wir dann nach dem Mittagessen in die Häuser durften, hatte ich wieder das Glück, dass ich Fritz Werle als Dolmetscher bekam, welcher ein Nachbarsjunge und ein Freund meines Vaters war und das Elternhaus meines Vaters gut kannte. Ich wurde sehr freundlich aufgenommen und durfte mir alles anschauen.
Es war alles wunderbar organisiert, wofür ich Karl Weber und Otto Harfmann besonders danken möchte. Diese Reise werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen, da sie voller Emotionen war und ich viele Bekanntschaften knüpfen konnte.
Ich hoffe sehr, dass wir uns vielleicht doch noch einmal bei einer ähnlichen Fahrt sehen werden.
In freundschaftlicher Verbundenheit
Nachkomme - Elfriede Noitz
(geb. Klaus-Heckelmann, Haus Nr. 70)
Grabstein der Urgroßmutter (Foto: E. Noitz)
Lieber Karl,
als ich im September 2007 in Speyer erfahren habe, dass noch einmal in die alte Heimat meiner Eltern gefahren wird, stand für mich, wie schon im Jahr 2006 fest, ich fahre mit. Ich wollte unbedingt in Neusatz (Novi Sad) auf dem Friedhof nach dem Grab meines Großvaters (Kitzerhanse Filipp, Haus Nr. 188) suchen und habe es mit Hilfe meines Cousin, Karl Elicker, Haus Nr. 145 und seiner Frau Heidi, auch gefunden.
Die Gedenkfeier in Jarek war wieder, wie schon vor zwei Jahren, sehr ergreifend, da viele nahe Angehörige (meine Schwester, Großmutter, Urgroßmütter und Tanten) in den Massengräbern liegen.
Der Besuch am Sonntag in Bulkes mit der Einweihung des Gedenksteins auf dem Friedhof war überwältigend.
Wieder wurden wir von den Bewohnern vom heutigen Maglic sehr herzlich empfangen.
Es war wieder eine sehr gelungene, ergreifende Reise in die Vergangenheit und ich danke allen von Herzen, die uns diese Reise ermöglicht haben.
Ilse Wanger, geb.Elicker (Haus Nr. 155), Nachkomme
Ausschnitte aus einem persönlich gerichteten Schreiben über die Reise von Käthe Erin, geb. Bauer, Haus Nr. 464, wohnhaft in Aach/Hegau, Nachkomme
Nachdem ich eine wirklich schöne und perfekt organisierte Reise nach Serbien erlebt habe, möchte ich mich hiermit nochmals herzlichst für alles bedanken.
Ja, morgen wird es ein Jahr, dass meine Mutter gestorben ist. Sie fehlt mir schon sehr. Denn ich hatte mit ihr immer sehr viele interessante Gespräche. Sie hat mir sehr viel aus ihrer Vergangenheit erzählt und so kam mir die Gegend in der Batschka sehr vertraut vor. Und trotz allem war ich über Bulkes sehr überrascht. Denn ich bin mit einer Vorstellung, die ich mir zurecht gezimmert habe aufgewachsen und habe dann festgestellt, dass meine bisherige Vorstellung doch nicht ganz stimmte. Ich war überrascht, wie schön Bulkes gewesen sein muss. Ich denke schon, dass alle Ortschaften in dieser Art waren. Und ich kann jetzt besser nachfühlen, was für ein Verlust es für Euch alle gewesen sein musste, diese Heimat gezwungenermaßen verlassen zu müssen.
Obwohl meine Mutter mehr in Torschau lebte, hat sie mir immer sehr viel von Bulkes erzählt und ich war froh, dass ich wenigstens auf dem Grundstück der Familie Weber-Hesse sein durfte und den Brunnen noch gesehen habe, wo man immer die Melonen gekühlt hatte. Ich war so doch ein bisschen mehr den Erzählungen meiner Mutter nahe.
Es war ja auch so interessant, dass ich viele der Leute, die dabei waren, einfach namentlich, mit ihren ganzen Spitznamen, kannte.
Und dass ich dann den Kranz am Gedenkstein mit Horst Walch, im Namen der Bulkeser Heimatgemeinschaft niederlegen durfte, war eine besondere Ehre für mich, wofür ich auch nochmals danke sagen möchte.
Ja, die Reise war ein besonderes Erlebnis für mich und hat dazu beigetragen, die Wurzeln meiner Herkunft besser kennen zu lernen und so auch den Verlust meiner Eltern besser zu verarbeiten.
Es war mir auch ein besonderes Anliegen, diesen Brief zu schreiben, weil es nicht selbstverständlich ist, in einer solchen Gemeinschaft so nett und freundlich aufgenommen zu werden.
Und Karl, wenn ich Dich so hörte über die
Geschichte zu erzählen, versetzte mich das in die Gespräche mit meiner Mutter
zurück. Für meine Mutter war Geschichte immer wie ein Hobby und sie wusste
unheimlich viel davon. Mit ihr diese Gespräche zu führen war immer eine
Bereicherung. Und Deine Erzählungen haben mich so daran erinnert.
1200
km in die Vergangenheit in die alte Heimat Bulkes (Maglic)
Als
eine Reise in die Heimat meines Vaters und Großeltern möglich war, wussten
wir, dass dies die letzte Möglichkeit ist, diese Gegend kennen zu lernen. Nach
mehreren Telefonaten mit Karl WEBER wurde die Anmeldung abgeschickt.
Endlich war der Tag der Abfahrt (Freitag 19. 9. 2008) gekommen, die Koffer waren gepackt und wir warteten wie ausgemacht bei der Bushaltestelle in Winden im Burgenland/Österreich. Voller Anspannung warteten wir, was auf uns zu kommt. In rascher Fahrt kamen die Känguruh-Busse herangefahren, blieben stehen und Karl WEBER begrüßte uns und wir stiegen ein. Da für uns alle Mitfahrer unbekannt waren, wussten wir nicht, wie wir uns verhalten sollten. Jedoch gleich nach dem Einsteigen wurden wir sehr freundlich aufgenommen und sofort entstand das Gefühl, als wenn wir bei Verwandten wären.
Während der Fahrt konnten wir schon viele Erfahrungen über die alte Heimat und den damals dort lebenden Personen und deren Angehörigen sammeln. In Novi Sad angekommen wurden wir im 5 Sterne Hotel PARK untergebracht, welche die zweitgrößte Stadt Serbiens ist. Schon während des Abendessens kamen mehrere Mitreisende zu unserem Tisch und erzählten, dass sie mit unseren Verwandten in die Schule gingen, Freunde waren usw.
Für mich (Alois), der von den
Geschehnissen nicht betroffen war, war es furchtbar, wie der Ort der Massengräber
mit Begeisterung gezeigt wurde, ich ging fort und wollte die ehemalige Fabrik,
wo in drei Etagen die Leute verhungerten und elendig zugrunde gingen, nicht
sehen. MITROVIC fand ich als nicht sehenswürdige Ortschaft.
Am späten Nachmittag wurde eine
Gedenkandacht in JAREK abgehalten. Das dort aufgestellte Holzkreuz stimmte mich
schon traurig. Wie muss das erst für die mit uns anwesenden Überlebenden vom
Lager gewesen sein.
Am Sonntag den 21. September 2008, der Tag des Besuches der alten Heimat BULKES. Schon während der Fahrt waren wir voller Neugierde, den Ort der Vorfahren zu sehen. Endlich war BULKES erreicht. Am Ortsanfang war eine Begrüßungstafel montiert und der Bus musste vor der Kreuzung anhalten, plötzlich sagte Karl WEBER, links das Eckhaus, ist WEBERS (Kendelmayer’s) Haus. Anneliese hatte Tränen in den Augen, das Haus ihres Vaters und ihrer Großeltern zu sehen. Sie war sehr überrascht, dass dieses Haus noch in einem so guten Zustand, nach so langer Zeit war. Sie konnte kaum sprechen, da sie so beeindruckt und gerührt war.
Die Ortsrundfahrt war sehenswert, da der Ort sehr schön angelegt ist. Im Bus herrschte volle Aufregung, da Karl aus dem Gedächtnis noch jedes Haus und deren früheren Besitzer beschreiben konnte. Die Einweihung der Gedenkstätte war sehr ehrwürdig und alle BETEILIGTEN bemühten sich, die Vergangenheit aufzuarbeiten.
Der anschließende Besuch der Kirche war
wehmütig, jedoch das Mittagessen im ehemaligen Pfarrhaus war hervorragend.
MAGLIC (Bulkes) war für mich ein reiner gepflegter schöner Ort.
Diese Reise in die Vergangenheit war
erlebniswert, Anneliese verließ schweren Herzens und mit Traurigkeit BULKES. Es
ist ja verständlich, wenn man im Haus des Vaters bzw. der Eltern oder Großeltern
war. Grete Taferner wollte unbedingt die Vergangenheit hinter sich lassen und an
die Schrecken der Kindheit nicht mehr erinnert werden. Elfie Noitz konnte nicht
genug von der Vergangenheit mit nach Hause nehmen und will unbedingt nochmals
dorthin.
Wir wollen uns recht herzlich bedanken,
für die Mitnahme und freundliche Aufnahme in Eurem KREIS. Sollte jemand in Österreich
Urlaub machen, ist jeder bei UNS recht herzlich eingeladen.
Alois und Anneliese (WEBER –
Kendelmayer’s) BÖCKMANN
Wilfleinsdorf am 3. Oktober 2008