Gedenktag: 60 Jahre nach Flucht und Austreibung

Bulkeser Gedenktafel an der Stadtmauer am Donauschwabenufer in Ulm feierlich enthüllt  

Für fast 100 Landsleute (davon 35 Bulkeser) aus Bulkes und den beiden Banater Nachbarorten Jabuka und Glogon, ging am 21. Mai 2005 ein langgehegter Wunsch zu Ehren ihrer Ahnen und ihrer 1944 bis 1948 umgekommenen Landsleute in Erfüllung. In einer  denkwürdigen Feierstunde an diesem geschichtsträchtigen Ort, war es für die überwiegend betagten Landsleute ein bewegendes Erlebnis.

Die nicht erwartete Teilnahme und Ansprache des Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner gab dieser Veranstaltung eine besonders ehrenvolle Note. Sowohl für den Bundes- und Landesvorsitzenden Hans Supritz, der durch seinen großen und nimmermüden Einsatz diese  Ahnengedenktafeln ermöglichte, wie für den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Josef Jerger, seine Heimatgemeinschaft Jabuka sowie für die Landsleute aus Glogon und Bulkes. 

 

Eröffnung der Feierstunde durch Hans Supritz

Pünktlich um 10.30 Uhr erfolgte die Eröffnung bei gutem Wetter mit einem Choral. Dann begrüßte Hans Supritz als Gastgeber sowie Bundes- und Landesvorsitzender der Donauschwaben die Teilnehmer, allen voran Oberbürgermeister Ivo Gönner mit mehreren Ulmer Stadträten, die beteiligten Landsleute und Freunde der Donauschwaben sowie die Vertreter der örtlichen Südwestpresse, die am folgenden Montag ausführlich berichtete.

Seine Ausführungen im Einzelnen:
  
„Ich begrüße Sie alle ganz herzlich hier an diesem geschichtsträchtigen Ort, am Donauschwabenufer in Ulm, wo die Donau fließt und ewig gegen die alte Heimat fließt.
  
Geschichtsträchtig einmal deswegen, weil es vielleicht auch für Ihre Auswanderer-Ahnen, meine lieben Landsleute, der Platz war, wo sie vor der langen Reise ins Ungewisse zum letzten Male heimatlichen Boden unter den Füßen hatten, bevor sie die Ulmer Schachteln die Donau hinab ins Ungarland fuhren. Geschichtsträchtig aber auch deswegen, weil nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg Ulm wieder zum Sammelplatz wurde, diesmal für die Nachkommen der Auswanderer-Ahnen, die man als Donauschwaben bezeichnet.
  
Von hier aus haben Tausende bis Mitte der 60er-Jahre weltweit eine neue Heimat gesucht, viele sind aber auch in Ulm und um Ulm herum geblieben, so auch meine Eltern.
  
In dieser Zeit entwickelte sich Ulm zu einem großen Zentrum der Donauschwaben. Ulm sollte das zukünftige Weltzentrum der entwurzelten Donauschwaben werden. Es kam aber leider anders! Erst das Donauschwäbische Zentralmuseum brachte das wieder zurück, was viele schon als verloren glaubten. Man besann sich schnell wieder der gemeinsamen historischen Wurzeln. Und so ist Ulm heute unbestritten und unangefochten, die Stadt der Donauschwaben. Das weiß weltweit jeder Donauschwabe!
  
Und deswegen dürfen wir uns alle freuen und sind der Stadt Ulm dankbar, dass wir hier am Donauschwabenufer unser Ahnen-Auswandererdenkmal und die Tafeln an der historischen Stadtmauer haben. Damit soll an den Mut und Pioniergeist, aber auch an die friedliche Aufbauarbeit unserer Ahnen erinnert werden, die sie zusammen mit den Nachbarvölkern in der neuen Heimat zum Wohle aller geleistet haben.
  
Möge von diesem Ufer aus, das schon seit vielen Jahrzehnten zum Ufer der friedlichen Begegnung von Menschen im Geiste Europas geworden ist, auch weiterhin Signale für eine friedliche Zukunft ohne Vertreibung und mit Achtung der Menschenrechte ausgehen.“


Begrüßung der Gäste durch den Oberbürgermeister der Stadt Ulm, Herrn Ivo Gönner

In seiner äußerst verbindlichen, herzlichen und volksnahen Art ging er auf die historischen Ereignisse der Auswanderung und ihre Gründe ein. Er erinnerte besonders an die damalige Zeit der Not und Bedrängnis der Menschen, sowohl in kriegerischer, wie wirtschaftlicher und zum Teil auch glaubensmäßiger Hinsicht. 

   Ebenso wies er auf die schon seit Jahrhunderten geschichtsträchtige Donau hin, welche die Menschen und Völker wie mit einem Band verbindet.

   Dabei sei die Stadt Ulm mit ihrem Donauufer sowohl schon damals bei der Auswanderung unserer Ahnen als Drehscheibe, als auch in der jüngsten Vergangenheit, in den Jahren unserer Rückkehr, bis zum heutigen Tage mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum als Wahrzeichen, verbindender Mittelpunkt der Donauschwaben für heute und die Zukunft geworden. Darüber hinaus ist das Zentralmuseum auch ein kulturelles Bindeglied für die Donauländer.     

   Schließlich zeige auch das alle zwei Jahre stattfindende Donaufestival für die angrenzenden Länder der Donau die völkerverbindende Wirkung der Stadt Ulm.

 

Enthüllung der beiden Tafeln

Bei der anschließenden Enthüllung der Tafeln unter den Klängen eines Chorals durch ein Bläserquartett, konnten einige der Teilnehmer ihre Tränen der Rührung bei der Sichtbarwerdung der Tafeln in der obersten Reihe nicht verbergen. Die Blumengebinden mit Schleifen, am Fuße der Mauer, waren ein äußeres Zeichen der Ehre durch die Heimatgemeinschaften.        

Danach ergriffen Franz Jung und Josef Jerger für ihre Heimatgemeinschaften das Wort. 

 

Die Ansprache von Franz Jung für Bulkes:

„Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrter Bundesvorsitzender,
sehr geehrter Präsident des Weltdachverbandes,
verehrte Damen und Herren, liebe, Landsleute!

  Wir gehen davon aus, dass die meisten unserer Ahnen, die aus den verschiedenen Gauen des Deutschen Reiches, überwiegend aus Südwestdeutschland stammten, von dieser Stelle aus ihre Schiffsreise mit der Ulmer Schachtel in die Batschka, damals Ungarn, antraten.
  
Was bewog sie, die alte Heimat zu verlassen? Sicherlich nicht die Abenteuerlust die Welt kennen zu lernen, aber auch nicht die Sucht, fremden Völkern ihren Besitz zu nehmen. Nein, die bittere Not in der Heimat, die Verwüstungen der französischen Kriege und allerlei andere Widerwertigkeiten haben sie gezwungen, Heimat und Familie zu verlassen. Das 18. Jahrhundert war für das deutsche Volk eine besonders böse Zeit.

  
Noch sind die Schäden des Dreißigjährigen Krieges nicht überwunden und schon gefährden kriegerische Ereignisse den Aufbau und den Frieden. Besonders die Pfalz, unsere eigentliche Urheimat und die Lande zu beiden Seiten des Rheines sind den Raubzügen des Sonnenkönigs schutzlos preisgegeben. Durch diese Kriege stieg die Verelendung und die Verarmung des Volkes ins Unermessliche.
  
In dieser Zeit drang die Kunde aus dem fernen Südosten an das verarmte Volk in Südwestdeutschland, dass Prinz Eugen die Herrschaft der Türken in Ungarn gebrochen und den Verwüstungen ein Ende bereitet hat. Der Kaiser in Wien durch Prinz Eugen bewogen,
suchte tüchtige Bauern und Handwerker, die das verwüstete Land urbar machen sollten.

  
Der Ruf der Werber fand ein sehr williges Gehör und ließ das Volk nochmals hoffen. Jetzt begannen die großen Wanderzüge nach Südosteuropa, man nennt sie Schwabenzüge, obwohl die meisten Auswanderer nicht aus Schwaben stammten. Wir kennen drei solche Schwabenzüge, nach den Herrschern benannt, den karolinischen, den theresianischen und den josephinischen. Für uns kommt nur der letzte in Betracht, weil unter Joseph dem II. erst die Protestanten ins Land kommen durften.
  
Die meisten von uns wissen heute was es heißt auswandern und einem dunklen Schicksal entgegen zu gehen, aber damals? Was muss es für Schmerz und Leid gekostet haben, mit Frau und Kindern die vertraute Heimat zu verlassen? Wie schwer muss der Abschied von manch einem Angehörigen gewesen sein, der zurück bleiben musste.
  
Von den späteren Bulkeser Kolonisten weiß man, dass der größte Teil bereits 1785 in der Batschka angekommen und den Winter über bei deutschen Familien in Palanka einquartiert war. Diese Leute sollten im folgenden Frühjahr im Kulaer und Palankaer Bezirk angesiedelt werden. Doch aufgrund des hervorbrechenden Grundwassers in den genannten Bezirken, musste von diesem Plan abgesehen und neues Siedlungsland ausfindig gemacht werden.
  
Die Wahl fiel dabei auf das Prädium Bulkes, dessen Besiedlung im Ansiedlungsentwurf ursprünglich nicht vorgesehen war. Wäre das Grundwasser nicht gekommen, so wären unsere Ahnen sicherlich wo anders angesiedelt worden. Bulkes verdankt somit dem Zufall seine Entstehung.

   Die ersten Jahre nach der Ansiedlung waren für die Bulkeser Kolonisten überaus hart, sie mussten zahlreiche Rückschläge, ja sogar Katastrophen, bei der Urbarmachung hinnehmen. Das Klima war regnerisch, die feuchten neuerbauten Häuser und das Trinkwasser ungesund, Fieber und Darmkrankheiten wüteten mit solcher Gewalt, dass die meisten durch den Tod dahingerafft wurden.
  
Kaum war diese Zeit überstanden, die erste Saat grünte, schon brach die nächste Schreckenszeit über das Dorf. Das vernichtende Grundwasser verwandelte die Ackerflächen in ein trostloses Sumpfland. Das Wasser verursachte einen Tod bringenden Pesthauch, die Bazillen steckten die Kolonisten an, eine Seuche ergriff das ganze Dorf. Die Krankheit endete meistens mit dem Tode.

  
Die Gemeinde zählte bei der Ansiedlung im Jahre 1786 etwas über 900 Seelen, 1787 über 1000. Zwei Jahre später gab es nur noch 500 Seelen. Ein Beweis, dass die Sterblichkeit sehr groß war; ja so groß, wie in keiner anderen Gemeinde. Doch die zugesagten und eingehaltenen Versprechungen des Kaisers ermunterte sie zu bleiben und weiterzumachen.
  
Es wurden schnellstens die Häuser gebaut, im ersten Jahr der Ansiedlung auch gleich eine Kirche (wenn auch nur hölzern), das Land wurde durch Gräben entwässert und wurde später zum fruchtbarsten Boden in der Region.
  
Und trotzdem wurde unsere Gemeinde immer wieder von einem furchtbaren Grundwasser heimgesucht. Die Felder waren unter Wasser, die Keller waren bis oben voll, so, dass manches Haus starken Schaden erlitt.
  
Wie sehr die Bevölkerungsbewegung durch die Ab- und Zuwanderung beeinflusst wurde, beweist uns die Seelenzahl von 1798, da hatte die Gemeinde Bulkes schon wieder 1104 Seelen.
  
Schon 1814 wurde eine denkwürdige Sitzung gehalten und beschlossen, eine Kirche für 1600 Seelen zu bauen und durch Spenden zu finanzieren. 1820 wurde der Bau ohne Turm und Inneneinrichtung in feierlicher Weise seiner Bestimmung übergeben.

   1886, am 14. Juni, am 2. Pfingsttag, beging unsere Gemeinde die 100-Jahrfeier ihrer Ansiedlung. Bei diesem Anlass wurde die Gedenktafel oberhalb des Haupteinganges an der Kirche angebracht, mit der Inschrift: 1786 – 1886, zur Erinnerung an die vor hundert Jahren stattgehabte Ansiedlung von Bulkes durch Kaiser Joseph II. widmet die Gemeinde diese Gedenktafel am 14. Juni 1886.
  
Auch der Erste Weltkrieg hat große Lücken in unsere Gemeinde gerissen, er forderte 115 Opfer, deren wir immer in Treue gedenken werden.

   Die deutschen Siedlungsgebiete wurden nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zerfall der Donaumonarchie im Friedensvertrag von Trianon dreigeteilt. Bulkes fiel an den neu geschaffenen serbo-kroatisch-slowenischen Staatsverband, das spätere Jugoslawien, mit neun Banschaften.
   Es wurden uns Minderheitenrechte zugestanden aber nicht eingehalten. Unser Siedlungsgebiet, die Donaubanschaft, in der die Deutschen lebten, musste mehr Steuern zahlen als alle anderen acht Gebiete zusammen.
Im August 1936 beging unsere Gemeinde das Fest ihres 150-jährigen Bestehens. Es kamen Gäste aus Kaiserslautern, Landau, Haardt, Bellheim, der bekannte Mundartdichter Bellemer Heiner, auch eine Jugend-Spiel- und Singschar. Diese gemeinsamen Kundgebungen und die damit gezeigte Verbundenheit mit der Urheimat unserer Ahnen erregte Ärger und Missfallen bei den staatlichen Behörden.

  
Aber auch von den staatlichen Behörden war der Banus da, er hatte den Rang eines Staatssektretärs, der sagte: Er konnte sich überzeugen, dass die Bulkeser volksbewusste und staatstreue Bürger sind.
  
Wir hatten aber nicht nur tüchtige Bauern und Handwerker, sondern auch große Söhne die unserer Gemeinde Ehre gemacht haben. Stellvertretend möchte ich drei nennen:
  
Pfarrer Georg Schwalm, sein Dichtername Jörg von der Schwalm; er war einer der größten Mundartdichter des ungarländischen Deutschtums, sein Name ist eingegangen in die Literaturgeschichte unserer Volksgruppe. Die meisten Erzählungen die er schrieb handeln von Bulkes oder aus der ungarischen Pfalz, „Gott erhalts“.
  
Pfarrer Andreas Weber, sein Großvater stammte aus Mutterstadt in der Pfalz. Bei der Bewerbung einer Pfarrstelle in der Umgebung seiner Heimatgemeinde stieß er beim Seniorat (Kirchenleitung) auf Schwierigkeiten, weil er als ein allzu deutsch bewusster Mann galt, der ein Vollstudium mit umfassendem deutschen Bildungsgang absolviert hatte.
  
Pfarrer Weber durfte im Jahre 1860 vor der gewaltigen Kulisse der Gustav-Adolf-Hauptversammlung, hier im Ulmer Münster, einen Vortrag über die Verhältnisse in der evangelischen Kirche in Ungarn halten, der mit großem Beifall aufgenommen wurde und ihm zeit seines Lebens in freundlicher Erinnerung blieb.   

   Ein weiterer großer Sohn mütterlicherseits unserer Gemeinde war Bischof Dr. Philipp Popp. Er war einer der ersten Kirchenführer, der die Ökumene in die Tat umgesetzt hat. Damit dürfte er seiner Zeit wohl weit vorausgeeilt sein.
  
Bischof Dr. Philipp Popp war der erste und einzige Landesbischof der deutschen evangelischen Kirche im königlichen Jugoslawien. Die meisten Staatsoberhäupter, Regierungspräsidenten und Kirchenfürsten der Staaten Europas kannte er persönlich. Er galt nicht nur als politischer Berater seines Königs Aleksander, sondern auch als dessen persönlicher Freund. Er hatte die Möglichkeit zur Flucht, sagte aber: Der Hirte muss bei der Herde bleiben, komme was da wolle. Er wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Bischof Dr. Philipp Popp wurde am 29. Juni 1945 von Partisanen im Wald bei Zagreb standrechtlich erschossen. Er starb als Märtyrer seines Volkes.  

Beim Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Jugoslawien, den die jugoslawische Rebellenregierung mit dem Ausspruch „besser Krieg als Pakt mit Deutschland“ auslöste, stellte Bulkes mit 15 Mann eine der höchsten Zahlen an Geiseln aller deutschen Dörfer.

1941 wurden wir Ungarn angegliedert.

   Den schrecklichsten und  traurigsten Leidensweg aber mussten wir Bulkeser von 1944 bis 1948 gehen. Bulkes hatte 1944 2723 Einwohner, 1784 zuhause gebliebene waren dem Machtbereich Titos ausgeliefert. Davon fielen 843 Zivilpersonen dem Völkermord Titos zum Opfer, fast 800 nach Kriegsende, meistens Kinder und alte Leute, dass waren 47,3 Prozent! Also auch hier prozentual die höchsten Zivilopfer aller deutschen Gemeinden im donauschwäbischen Siedlungsgebiet. 
  
Deshalb ist der Heimatausschuss der HOG Bulkes der Meinung, dass gerade hier an historischer Stelle eine Gedenktafel von Bulkes zur Ehre unserer Ahnen angebracht wird.

  
Für die freundliche Genehmigung und Unterstützung dieses Vorhabens danken wir der Stadt Ulm, dem Oberbürgermeister Ivo Gönner, dem Stadtrat und nicht zuletzt unserem Bundes- und Landesvorsitzenden der Donauschwaben, Hans Supritz.“

 

Präsente für Oberbürgermeister Ivo Gönner und Hans Supritz

Als äußeres Zeichen des Dankes der Bulkeser Heimatgemeinschaft überreichte Franz Jung den beiden jeweils ein in Zinn geprägtes Bild mit dem Bulkeser Wahrzeichen der Kirche mit Ansiedlerhaus und persönlicher Widmung.

Die Ansprache von Josef Jerger für die Gemeinden Jabuka und Glogon:

„Herr Oberbürgermeister,
Damen und Herren des Stadtrates und der Verwaltung,
Herr Bundesvorsitzender, liebe Landsleute,
lassen Sie mich in dieser bewegenden Stunde vorab Worte des Dankes aussprechen.

   Danken darf ich dem Herrn Oberbürgermeister dafür, dass wir mit unseren Tafeln an diesem geschichtsträchtigen Ort unserer Heimatorte und unserer Opfer der Jahre 1944 bis 1948 gedenken dürfen.
  
Herrn Supritz danke ich dafür, dass er sich für unsere Belange bei der Stadt eingesetzt hat und unsere Vorschläge realisierte.
  
Meine Damen und Herren, die schlichten Tafeln, oftmals mit den Kirchen als Wahrzeichen unserer einstigen Heimatorte, wollen uns daran erinnern, dass die meisten unserer Vorfahren von Ulm aus auf der Donau in eine erhoffte bessere Zukunft gezogen sind. Die Tafeln erinnern aber auch an den mit viel Fleiß geschaffenen Wohlstand, an Tod und Vertreibung.
  
Wie wir alle wissen, vollzog sich die Ansiedlung unserer Vorfahren nicht einheitlich und nicht zum gleichen Zeitpunkt. Herr Jung hat kurz auf die Ansiedlung und die Schwierigkeiten der ersten Jahre hingewiesen. In einem alten Spruch der Donauschwaben heißt es: „ Die Ersten fanden Tod, die Zweiten litten Not und erst die Dritten hatten das Brot. Ich möchte hinzufügen „Und die Vierten erlebten wieder Tod und Not“.

   Die im Südbanat an der Temesch gelegenen Nachbarorte Glogon und Jabuka, übrigens werden diese historischen Ortsnamen auch heute noch verwendet, gehören wohl als Grenzorte zu den früheren Ansiedlungen. Die ersten deutschsprachigen Menschen gehörten den kaiserlichen Truppen an, die dort blieben und ihre Familien nachkommen ließen.
  
Den alten Einwohnerlisten ist zu entnehmen, dass die Bewohner teilweise Grenzer und Bauern waren. Das unsere beiden Orte keine josephinische Ansiedlungen sind, ist auch daraus zu ersehen, dass die Bewohner außer den Rumänen, alle Katholiken waren.

Glogon/Glogonj, Ansiedlungsjahr 1767, hatte zum Zeitpunkt der Vertreibung ca. 2500 Einwohner, davon waren 1768 Deutsche. Mit 482 namentlich erfassten Opfern, sind rund 27 Prozent der deutschen Bevölkerung des Ortes in den Jahren 1944 bis 1948 umgekommen. Es gibt wohl kaum eine Familie, die nicht ein Opfer dieser schrecklichen Zeit zu beklagen hat. Die Todesorte waren: Besni Fok, Franzfeld, Gakowa, Glogon, Jabuka, Jasenovo, Karlsdorf, Lazarfeld, Mitrowitz, Pantschowa, Semlin, Subotica, und Rudolfsgnad, wo 145 namentlich bekannte Glogoner Männer, Frauen und Kinder verstorben sind.   

Jabuka ist laut Kirchenstempel bereits 1764  als eigenständige katholische Pfarrei erwähnt. Die Gemeinde hatte ca. 3200 Einwohner, davon waren 2935 Deutsche. Umgekommen sind insgesamt 664 Personen oder 23 Prozent der deutschen Bewohner des Ortes. Als Todesorte sind bekannt: Franzfeld, Csurug, Gakowa, Glogon, Karlsdorf, Kudritz, Mitrowitz, Molidorf, Pantschowa, Semlin, Werschetz und Rudolfsgnad mit 273 Toten aus Jabuka.

   Mit unseren Tafeln gedenken wir unserer Ahnen, unserer Opfer und unserer verlorenen Heimat.“

   Zum Abschluß seiner Ansprache trug Josef Jerger das von Jakob Wolf verfasste Gedicht Unverlierbare Heimat vor. „In diesem Sinne wollen wir dessen gedenken, was einst war, was wir verloren haben. Wir wollen aber auch dafür danken, dass wir hier eine neue Heimat gefunden haben und in Frieden und Freiheit leben dürfen.“ 

Schlußakt

Nach den Worten von Josef Jerger wurde, den Tafeln gegenüber, am Auswanderdenkmal, mit einem Blumengebinde aller Verstorbenen gedacht und anschließend mit dem folgenden Gedicht, vorgetragen von Maria Weber aus Bulkes, ein Gruß an Ulm gerichtet.

E Gruß an Ulm
von Johann Petri, aus „Lerchegsang und Wachtelschlag“

Du liewes Ulm, vun Haus zu Haus,              Das er se mit seim Schutz un Scherm,
nemm hin heit unser Gruß,                     uf ehrem Weg begleit,
meer leen ne wie e Blumestrauß,               bis in des Land, des weit un fern,
e scheener, vor dei Fuß.                      gee Sunne-ufgang leiht.

Do han die Ahne seinerzeit,                   Des wor schun vor poor Hunnert Johr,
zum Wannerstob gegriff,                       die Ur-ur-Enklkinn,
sin fart, naus in die Welt, die weit,         die gehn heit darch dei scheenes Dor,
im Ulmer Schachtel-Schiff.                    zurick, zu deer jetz nin.

Do han se noch zum letschte Mol,              Sie wolle Dank deer soon far des,
die Minschterglocke gheert,                   was denne hascht geduhn,
un han debei vleicht schun vestohl,           die längscht begrob, doch unvegeß,
es erschte Heemweh gspeehrt.                  in fremde Erd jetz ruhn.  

Im Minschter han se beim Altar,               In fremde Erd? Des is net wohr!
es Herz, des so beschwert,                    do han ich mich ge-errt,
mit Sarje vor de Zukunft wor,                 un wann se hunnert Mol velor,
noch eemol ausgeleert.                        doch unser bleiwe werd!  

Do sin se noch e letschtes Mol,
vor Gott, de Herr, getret,
vun ihm noch eemol Troscht sich ghol,
un han zu ihm gebet:  

Nach diesem Gedicht und einem anschließenden gemeinsam gebeteten Vaterunser beendete Hans Supritz mit seinen Schlussworten die feierliche und für die Teilnehmer sicherlich unvergessliche Veranstaltung.  

Mittagessen und gemütliches Beisammensein in den Ulmer Stuben

Daran anschließend ging es zu den nahen Ulmer Stuben zum vorbestellten Mittagessen. Dabei gab es untereinander viel zu erzählen. Besondere Freude herrschte über das Kommen von Karl und Christine Jung aus Wien, mit Tochter, Sohn und Schwiegertochter sowie über die beiden Wiedergenesenen Franz und Anni Jung.  

Besuch im Donauschwäbischen Zentralmuseum

Der Großteil der anwesenden Bulkeser besuchte am Samstag Nachmittag das mittlerweile sehr sehenswerte Zentralmuseum. Leider ist von Bulkes darin nichts zu entdecken. Ein Grund, mehr, dass die schon lange geplante Besichtigung des Museumsleiters in unserer Heimatstube umgehend verwirklicht wird, um zu prüfen, welche Gegenstände nach Ulm überführt werden können.  

Gegen 16.30 Uhr wurde die Heimreise bzw. die Weiterreise nach Sindelfingen angetreten.


100 Teilnehmer am Bulkeser Gedenktag in Sindelfingen

am 22. Mai 2005 im Haus der Donauschwaben

Die Gedenkveranstaltung, 60 Jahre nach Flucht und Austreibung aus unserem Heimatort im Weltheimathaus der Donauschwaben, wurde zu einem eindrucksvollen Bekenntnis der Bulkeser zu ihrer Gemeinschaft und ihrer donauchwäbischen Herkunft. Rund 90 Bulkeser Landsleute, einschließlich ihrer Nachkommen, wurden schon im Foyer von den vielen ausgelegten und beschrifteten Bildern in Vitrinen, von der Bulkeser Veranstaltung aus dem Jahre 1993, freudig überrascht. Herzlichen Dank Frau Mojem! Aber auch für die sonst bestens vorbereitete und äußerst harmonisch abgelaufene Veranstaltung unter ihrer Regie, danken wir unserer Gastgeberin.

Weil es den meisten unserer Bulkkeser Landsleuten aus Alters- bzw. aus Gesundheitsgründen nicht möglich war, an dieser wohl letzten großen Bulkeser Gedenkveranstaltung teilzunehmen, wollen wir darüber vollständig berichten. Im Einzelnen:  

Die Feierstunde im Festsaal

Beginn 11.00 Uhr:  

Präludium f-moll aus: „Das Wohltemperierte Klavier“
Von J. S. Bach, mit Olga Csechlova am Klavier

Begrüßung durch unseren Heimatausschussvorsitzenden Franz Jung

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Ehrengäste,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute!
  
Nachdem wir gestern unsere Gedenktafel an der historischen Stelle am Donauufer zur Ehre unserer Ahnen eingeweiht haben und ich glaube es war ein eindrucksvoller Tag, wollen wir heute hier im Ehrenhof unserer Toten und unserer verlorenen Heimat vor 60 Jahren gedenken.
Dazu darf ich ganz herzlich begrüßen:
  
Den Vorsitzenden des Vereins „Haus der Donauschwaben“, Herrn Otto Welker mit Frau Gemahlin. Lieber Otto, wir wissen um Deine vielen Verpflichtungen, wir werden es sicherlich bei Deiner Ansprache hören. Deshalb freuen wir uns über Deine Anwesenheit um so mehr, damit dokumentierst Du Deine Verbundenheit zu uns. Nochmals herzlich willkommen.
  
Ein immer wieder gern gesehener Gast bei uns ist die Geschäftsführerin vom Verein „Haus der Donauschwaben“, Frau Henriette Mojem, herzlich willkommen.
  
Ich begrüße den Vorsitzenden des Altkerer Heimatausschusses, Eduard Wächter, auch er nimmt, wenn es ihm möglich ist, immer wieder an Bulkeser Veranstaltungen teil, auch Du lieber Eduard sei herzlich willkommen.

  
Nicht minder darf ich alle Gäste, Landsleute, und Bulkeser, die weder Mühe noch Kosten gescheut haben, um bei dieser Veranstaltung dabei zu sein, herzlich willkommen heißen.
  
Grüße soll ich bestellen 
-  von unserem Innenminister und Landesbeauftragten für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, Heribert Rech, er ist ein Sohn Parabutscher Eltern, wohnt in Bad Schönborn und  ist ein Freund der Bulkeser,
-  von Frau Matt-Heidecker, Oberbürgermeisterin unserer Patenstadt Kirchheim/Teck,
-  und von Bürgermeister Rolf Müller aus Bad Schönborn. Weitere Grüße soll ich bestellen
-  von unserem Bundes- und Landesvorsitzenden der Donauschwaben, Hans Supritz,
-  von unserem Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Josef Jerger,
-  vom HOG-Vorsitzenden der Parabutscher, Martin Kundl
-  und von unserem Bulkeser Landsmann, Peter Schertz.

Sie alle sind verhindert, wünschen aber unserem Gedenktag einen feierlichen Verlauf.

„Unverlierbare Heimat“
Gedicht von Jakob Wolf, vorgetragen von Elisabeth Groß, geb. Ilg
 

Wer die Heimat kannte,                    Warum soll ich trauern,
die ich Heimat nannte,                    um zerfallene Mauern,
der verlor sie nicht;                     die mir nie gehört?
tief ins Herz geschrieben,                Heimat ist im Innern,
ist sie ihm geblieben,                    mehr als nur Erinnern,
wie ein Seelenlicht.                      bleibt drum unzerstört.

Nichts hab ich besessen,                  Wer die Heimat kannte,
doch auch nichts vergessen,               die ich Heimat nannte,
alles blieb bestehn.                      der verliert sie nie;
All der Blumen Düfte,                     tief ins Herz geschrieben,
Vogelsang der Lüfte,                      ist sie ihm geblieben,
können nicht vergehn.                     eine Herzensmelodie.

 

Ein Rückblick auf unsere alte Heimat Bulkes
Karl Weber, Fußgönheim

Sehr verehrte Gäste, liebe Bulkeser Landsleute,
unsere heutige Gedenkveranstaltung steht im Zeichen des Erinnerns an unsere alte Heimat Bulkes, sowie der Austreibung aus unserem geliebten Heimatort. Das war auch der Beginn des unabänderlichen langsamen und unaufhaltsamen Sterbens unserer Heimatgemeinschaft. Dieses Erinnern gebietet auch unseren Toten eine Stimme zu geben.
  
Für uns, die Erlebnisgeneration, die letzten noch Lebenden der Bulkeser Heimatgemeinschaft, ist es nach 60 Jahren ein besonderer Anlass, denn in 10 Jahren, 70 Jahre nach den schrecklichen Geschehnissen, ist kaum noch jemand in der Lage, an einer Gedenkveranstaltung teilzunehmen.  

Im Herbst unseres Lebens weilen wir in Gedanken oft an der Stätte unserer Kindheit und unserer Jugend in der alten Heimat Bulkes.
  
Aber warum Erinnerungen an die Heimat? Verehrte Anwesende, Erinnerungen sind lebensnotwendig für die seelische Gesundheit. Es ist ein Grundzug unseres menschlichen Wesens, uns an unsere Kindheit, an freudige Ereignisse, an liebe Menschen, an Geborgenheit in der Gemeinschaft, zu erinnern.
  
In dieser Stunde gedenken wir allen unserer Toten, von unseren Vorfahren, denen wir unser Leben verdanken, bis hin zu unseren Lieben, die wir noch kannten, insbesondere jenen, die dem Völkermord zum Opfer fielen. Fast jeden von uns hätte dasselbe Schicksal treffen können. Dieses heutige gemeinsame Gedenken ist ein Zeichen, dass wir sie nie vergessen werden, so lange wir leben.
  
Wir gedenken unserer Heimat, aber was ist Heimat? Der Inhalt dieses Begriffes ist an die Zeit und an den Raum in der die Menschen lebten und leben gebunden. Verschieden sind der Ort, die Landschaft, die Sprache, die Geschichte, die Herkunft, Sitten und Bräuche, um nur einige dazugehörige Lebensverhältnisse zu nennen. 
  
Was ist und was war die Heimat für uns Bulkeser? Etwas davon haben wir vorhin schon in dem von Elisabeth Groß vorgetragenen Gedicht gehört.
  
Unsere Heimat haben uns unsere Vorfahren mit viel Fleiß und Sparsamkeit, mit schöpferischer Kraft und Zähigkeit, mit Heimatliebe und Heimatverbundenheit geschaffen. Die Donauschwaben schufen aus einer Wüstenlandschaft ein blühend Eden. Diese Friedenstat ist als eine der größten Kolonistenleistungen der Neuzeit in die Geschichte eingegangen!

Bulkes wuchs zu einer nie wiederkehrenden Dorfgemeinschaft zusammen, es war eine friedliche Insel in einem Völkermeer. Hier hinein wurden wir geboren.
  
In ein Leben mit Sitten und Bräuchen die heute nicht mehr gefragt sind. Diese Lebensverhältnisse gründeten sich auf Liebe, Achtung, Gehorsam, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Vertrauen. Dieser gesunde Gemeinschaftssinn erstreckte sich von der Familie über die Nachbarschaft bis hin zur gesamten Dorfgemeinschaft.
  
Sie bewährte sich vor allem bei Seuchen, Missernten, Feuerbrunst, Kriege, Tod und anderen Heimsuchungen und festigte die Gemeinschaft über Generationen. Und wie wir heute feststellen können, nun auch schon 60 Jahre nach der Auslöschung unserer dörflichen Gemeinschaft in Bulkes.
  
Gerne sprechen und hören viele noch unseren liebgewonnenen Bulkeser Dialekt, der in seiner Gesamtheit sonst nirgends auf der ganzen Welt gesprochen wird.
  
Gerne denken wir an die großzügig angelegte Dorfstruktur mit den Baumalleen in den breiten langen Gassen, wo sich die schnurgerade aneinander gereihten geweißten Häuser endlos hinzogen, wo wir als Kinder die Weite des Raumes in einer noch intakten Natur nutzen konnten. Gerne denken wir an all die liebgewonnenen Menschen, die Freunde, Verwandten, Nachbarn.
  
In unserer Heimat Bulkes haben wir Wurzeln schlagen dürfen, dort war unser zuhause. Dort waren wir anerkannt so wie wir waren, wir waren gezählt, ein jeder kannte jeden.

Im Gegensatz zu anderen vergleichbaren deutschen Gemeinden gab es in Bulkes zwar wohlhabende, aber keine ausgesprochen reichen oder armen Familien. Das lag vor allem auch daran, dass es in Bulkes kaum Männer ohne Beruf gab.
  
Auf dem Boden unserer Bulkeser Gemarkung, mit dem günstigen mittelmeerähnlichen Klima, gediehen so reichlich und vielfältig Früchte, wie kaum anderswo auf dieser Erde.
  
Unsere Landwirte waren für ihre hochwertige Viehwirtschaft mit ihren Züchtungen in der Region bekannt und anerkannt. Sie erzielten ungezählte Preise auf Ausstellungen. Das einträglichste landwirtschaftliche Erzeugnis war der Hanf, das weiße Gold der Region.
  
Unsere tüchtigen Bulkeser Handwerker trugen mit ihren Erzeugnissen durch ihre großen Fachkenntnisse und Vielfältigkeit für eine weitgehendste wirtschaftliche Eigenständigkeit bei der Befriedigung des für damalige Verhältnisse äußerst hohen Lebensstandards bei.
  
So waren z. B. die in unserem Heimatort in drei verschiedenen Längen  gebauten Holzwagen wohl die leichtesten und hochwertigsten auf der ganzen Welt.  

Eine einmalige Besonderheit für die damalige Zeit in Bulkes war, dass es mehr Bauhandwerker als Landwirte gab. Ihre landesweite Dimension und Blütezeit setzte bereits 1895 ein, als die österreichisch-ungarische Monarchie mit dem Ausbau der Eisenbahnlinien begann. Sie waren an den Strecken in Oberungarn, Kroatien und Siebenbürgen beteiligt. Die Hauptstadt Budapest sowie andere Städte waren sichere und langjährige Arbeitstellen.
  
Als unsere Heimat 1918 dem neu gegründeten, später Jugoslawien genannten Staat, zugeteilt wurde und das nahe Belgrad zur Residenz und Landeshauptstadt erkoren wurde, waren unsere Bauhandwerker willkommene Fachleute.
  
Sie waren in beachtlichem Maße an dem Auf- und Ausbau der bis dahin noch unbekannten und orientalisch ausgerichteten Stadt zum Paris des Ostens beteiligt.
  
Bereits 1922 waren dort über 300 Bulkeser Bauhandwerker tätig. Markante Gebäude der Metropole wie die technische Fakultät, das Bergbau- und Forstministerium, die Belgrader Börse, das Hochhaus Albania, sowie auch die Banovina in Neusatz, trugen die Handschrift  deutscher Bulkeser Wertarbeit.
  
Ein berufener Donauschwabe äußerte einige Jahre nach unserer Vertreibung: „Wenn in Belgrad auf einmal alle Steine, die von Bulkeser Bauhandwerkern gesetzt wurden, anfingen zu wackeln, würde ganz Belgrad zusammenfallen“! Wie ernst das auch immer gemeint war, uns Bulkeser tun solche Worte gut. Letztlich setzte sich die Tradition unserer Bulkeser Bauhandwerker auch hierzulande erfolgreich fort.  

Mit Stolz und Dankbarkeit blicken wir aber auch auf unsere tüchtigen Hausfrauen zurück. Sie waren einer der Hauptfaktoren für den Lebensstandard der Familie. Die Vielzahl ihrer Tätigkeiten aufzulisten würde ganze Seiten füllen. Aber eine Tätigkeit darf ich hier nennen:     Ihre hohe Kunst des Kochens und Backens, die sich ursprünglich aus den besten Rezepten der verschiedenen Herkunftsgebiete unserer Ahnen durchsetzten, hinzu kamen die Wiener und die ungarische Küche. All dies wurde noch von Generation zu Generation verfeinert. Die Speisen kamen natürlich aus eigener Erzeugung, jeweils frisch zubereitet, auf den Tisch.  

Schließlich gingen auch große Söhne aus unserer Gemeinde hervor. Wir sind schon stolz, sie in unseren Reihen gehabt zu haben.
  
An der Spitze unser hochwürdiger Landesbischof Dr. Philipp Popp, er war mütterlicherseits ein Sohn unserer Gemeinde. Er wurde zwar in Beschanija bei Begrad geboren, aber ein Großteil seiner Verwandten lebten in unserer Heimatgemeinde, sie war ihm zur zweiten Heimat geworden. Oft und gerne weilte er als Student in Bulkes, daran hinderte ihn auch der spätere Bischofsrang nicht.
  
Was wäre die donauschwäbische Mundartdichtung ohne den in Bulkes geborenen und aufgewachsenen Pfarrer Jörg von der Schwalm gewesen, dem wir so viele Mundartgedichte, fast durchwegs in Bulkeser Mundart, zu verdanken haben. Er hat in einer Zeit deutsch gefühlt, wo andere sich und ihr Volk verleugneten.
  
Unter den großen Söhnen der Gemeinde steht auch der langjährige Pfarrer von Neu-Pasua, Andreas Weber, an hervorragender Stelle. Er war nicht nur ein überzeugungstreuer Verkünder des Evangeliums Jesu Christi, er setzte sich für seine Glaubensgenossen in einer Zeit größter Bedrängnis bis zu den höchsten Regierungsstellen ein und war dort hoch angesehen.
  
Wie Franz Jung gestern auch schon in Ulm erwähnte, hielt der international anerkannte Kirchenmann im Jahre 1860 anlässlich der Gustav Adolf Hauptversammlung vor der gewaltigen Kulisse im Ulmer Münster vor internationalen kirchlichen Würdenträgern einen vielbeachteten und mit warmem Beifall bedachten Vortrag über die Verhältnisse in der evangelischen Kirche in Ungarn.  

Die Bulkeser pflegten aber auch die Geselligkeit, verstanden zu musizieren und Feste zu feiern. Die rund um die Uhr stattfindenden tagelangen Hochzeiten und Kirschweihfeste waren nicht nur für die Bulkeser eine Attraktion.
  
Im Zuge meiner Tätigkeit im Arbeitskreis Dokumentation lernte ich mehrere donauschwäbische Lehrer kennen. Einige von ihnen erzählten mir mit Begeisterung, dass sie von Bulkeser Mitstudenten, unter ihnen Valentin Beck, Jakob Grass und Peter Hartmann, des öfteren mit auf Bulkeser Festlichkeiten eingeladen wurden. Sie berichteten mir immer wieder von diesen schönen Stunden in Bulkes.
  
Für die große Verwandtschaft meiner Mutter aus Altker und Kischker waren Bulkeser Feste was ganz besonderes. Sie drängten alle auf ihr Kommen, da sie aber  nicht alle gleichzeitig kommen konnten, wurde peinlichst genau auf die Reihenfolge geachtet.
Zu unseren Nachbarn, der Familie Burghardt, kamen oft Gäste mit ihrem Pferdewagen aus der Bulkeser Filiale Waldneudorf. Nicht selten wurden sie dann auf dem Heimweg von ihren Gastgebern bis nach Petrovac begleitet. Einfach so, wo gab es das noch?
  
Bei einem solchem Abschied der Gäste sagte ein damals 12-jähriges Mädchen zu ihrem Vater: Vater weißt Du was, wenn wir jetzt heim kommen, verkaufen wir alles und ziehen nach Bulkes!
  
Dieses  Mädchen wird in 14 Tagen 80. Ich kann ihnen sagen, sie schwärmt heute noch genau so von Bulkes wie damals, für sie haben die Bulkeser das Herz einfach auf dem richtigen Fleck!  

Liebe Anwesende, das war ein kleiner Auszug über das, was unsere gemeinsame donauschwäbische Heimat Bulkes prägte. Schon daraus ist zu ersehen, dass wir Donauschwaben, vom Beginn bis zum Ende unseres Bestehens, für unsere Verhältnisse auf dieser Welt vieles bewegt und bewirkt haben. Wir waren keine graue Maus, an unserem Wesen konnten andere genesen.  

Unsere Heimat wurde uns mit Gewalt genommen, der anschließende Leidensweg für den  größten Teil der Bulkeser ist mit Worten kaum zu beschreiben. Wem die Heimat nie geraubt  wurde, kann kaum verstehen, welch großer Schmerz damit verbunden ist, wie lange das Herz und die Gedanken noch in der verlassenen alten Heimat weilen und wie groß die Wehmut ist, die uns bei solchem Erinnern immer wieder überkommt.  

Heute, 60 Jahre später, steht unsere Gemeinschaft vor der Auflösung. Ich denke, in dieser Zeit hat uns unser Schöpfer aus dem Tal der Tränen, die der Völkermord für uns brachte, mit viel Liebe wieder herausgeführt. Er hat uns eigentlich alles gegeben, was man auf dieser Erde bekommen kann. Frieden und Freiheit in Lebensverhältnissen, von denen weit über 90 Prozent der Menschen auf dieser Erde nur träumen können. Der erreichte Wohlstand lag und liegt weit über dem aller vergangenen Zeiten.
  
Wir wurden fast durchwegs in einem Alter pensioniert, wo unsere geistigen und körperlichen Fähigkeiten noch voll intakt waren. Es liegt an uns, die viele freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Dank einer umfassenden Gesundheitsfürsorge erreichen wir ein Lebensalter wie Menschen nie zuvor.
  
Wir haben überwiegend Renten die uns finanziell unabhängig machen, sie erlauben Reisen in die ganze Welt, Urlaub in fernen Ländern, Kontakthaltung mit weit entfernt lebenden Verwandten und Freunden.  

Unsere Nachkommen wurden in diese noch nie da gewesenen Lebensverhältnisse hinein geboren. Ihnen stehen alle Bildungschancen offen. Sie haben die Möglichkeit und die Freiheit, ihr Leben nach ihrem Gutdünken zu gestalten.
  
Wir können gewiss sein, dass sie uns, jeder für sich, in ihrer Heimat Ehre einlegen werden. Denn bei uns Bulkesern sollte der Spruch: Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen, seine Gültigkeit haben.  

Wir Bulkeser hoffen, wie alle Vertriebenen, auf eine Völkerverständigung in Europa in Frieden mit Gerechtigkeit für alle Beteiligten. Wir wissen aber auch, dass Frieden ohne Gerechtigkeit und geschichtlicher Wahrheit, keinen Bestand hat.

Ich denke, wir Bulkeser der Erlebnisgeneration, können unseren letzten Weg erhobenen Hauptes und dankbar unserem Schöpfer gegenüber zu Ende gehen, mit der Gewissheit, dass wir nicht umsonst gelebt haben.   

Ich danke Ihnen

Musikeinlage: Fantasie d-moll, KV 397
von W. A. Mozart


Ansprache von Otto Welker

Vorsitzender des Vereins „Haus der Donauschwaben“
 

Sehr geehrter Herr Jung, lieber Franz,
sehr geehrter Herr Weber, lieber Karl,

liebe Bulkeser Landsleute, meine sehr geehrten Damen und Herren,  

von Victor Hugo stammt der Ausspruch:
„ ... die Vergangenheit ist ein Teil von uns selbst, vielleicht der wesentliche Teil.
... Was ist ein Baum ohne Wurzel? Was ist ein Fluss ohne seine Quelle?

Was ist ein Volk ohne seine Vergangenheit?“
  
Diese Worte könnten als Motto über dem heutigen Tag und über der heutigen Feierstunde stehen, zu dem ich Sie sehr herzlich begrüße und willkommen heiße.

  
Wie alle donauschwäbischen Gemeinden begeht auch die Ortsgemeinschaft Bulkes in diesen Tagen ein ebenso trauriges wie denkwürdiges Jubiläum: 60 Jahre nach Flucht, Vernichtung und Vertreibung der Donauschwaben.

   
Dem Hausherrn obliegt stets die Pflicht, die Gäste zu begrüßen. Gerne übernehme ich diese angenehme Aufgabe, und so darf ich Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Bulkeser Landsleute, persönlich und im Namen des Vorstands, zu diesem Festakt und zu dem anschließenden Bulkeser Heimattreffen sehr herzlich begrüßen und ebenso willkommen heißen.
  
Ich freue mich ganz besonders, dass Sie liebe Bulkeser Landsleute, nach nunmehr 12 Jahren, mit Ihrem HOG-Treffen wieder daheim im Haus der Donauschwaben zusammengekommen sind. Das Haus der Donauschwaben ist die Zentrale der auf der ganzen Welt lebenden Donauschwaben. In den 35 Jahren seines Bestehens ist es zum geistigen und kulturellen Kristallisationspunkt der Donauschwaben geworden und ist als Weltheimathaus international bekannt und geschätzt.

  
Das Haus ist ein Kulturzentrum. Hier wird das reichhaltige Kulturerbe der Donauschwaben bewahrt und gepflegt. Donauschwäbische Originaltrachten und Handarbeiten, Dorfmodelle, Gebrauchsgegenstände und eine original donauschwäbische Bauernstaube, vermitteln ein anschauliches Bild vom Leben in den früheren donauschwäbischen Siedlungsgebieten. Die Gemäldegalerie umfasst Werke namhafter donauschwäbischer Künstler.
  
Durch die Bibliothek und den Arbeitskreis donauschwäbischer Familienforscher ist das Haus der Donauschwaben zu einem Informations- und Forschungszentrum geworden: Eine Adresse für Wissenschaftler aus dem Inland und Ausland.
   Das Haus ist aber auch, und das ist wohl seine nobelste Aufgabe, ein Haus der Erinnerung und der Begegnung und spannt den Bogen aus der Geschichte in die Zukunft.
  
Weit über 31 000 Besucher waren es im vergangenen Jahr und 629 Veranstaltungen. Klassische Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Kulturtagungen, Treffen der Heimatortsgemeinschaften usw. – eine Bilanz, die sich sicher sehen lassen kann.
  
Ein Blick in unser Gästebuch genügt: Donauschwaben und ihre Freunde aus der ganzen Welt kommen in „ihr“ Haus, um hier ein Stück donauschwäbische Heimat wiederzufinden. 

Meine Damen und Herren, wir Donauschwaben aus dem vormaligen Jugoslawien hatten zum Ende des Zweiten Weltkrieges und danach das härteste Los zu tragen.
  
Gegen jedes Menschenrecht wurden wir für rechtlos erklärt, von Haus und Hof vertrieben, unseres Hab und Gutes beraubt und mussten Mordaktionen, Deportationen, Internierungen in Arbeitslagern und Einkerkerungen in Todeslagern, wehrlos über uns ergehen lassen. Auch viele Bulkeser Landsleute waren von den mittlerweile als Völkermord bewerteten Verbrechen gegen die Menschlichkeit sehr hart betroffen. Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit, von 1941 bis 1951, haben die Bulkeser 973 namentlich erfasste Menschenopfer zu beklagen. Die Zahl ist im Gedenkkreuz draußen auf der Ehrenwand des Hauses der Donauschwaben eingraviert. Insgesamt haben fast 60 000 donauschwäbische Zivilpersonen aus dem ehemaligen Jugoslawien diese Schreckenszeit nicht überlebt.
  
Wie alle Donauschwaben mussten auch Sie, liebe Bulkeser, unverschuldet die Heimat verlassen. Nach der Flucht sind die meisten in die Urheimat ihrer Vorfahren zurück gekommen. Die Mehrheit der Donauschwaben und damit auch der Bulkeser, haben ihre neue Heimat in den süd- und südwestdeutschen Bundesländern gesucht und gefunden.
  
Es ist wichtig, meine Damen und Herren, gerade auch am heutigen Tag, daran zu denken, welch schweres Schicksal uns, liebe Landsleute, nach Deutschland zurückgeführt hat.
  
Der von Hitler-Deutschland entfachte Zweite Weltkrieg endete für uns in der erwähnten Tragödie von Flucht, Vernichtung und Vertreibung.
Die Jahre nach Flucht und Vertreibung waren von härtester Arbeit und oft von mühseligen Ringen um die Sicherung der eigenen Existenz geprägt. Und gerade in dieser Zeit waren es die Bürger vieler Städte und Dörfer, die die Flüchtlinge, anfangs wohl etwas skeptisch, dann aber doch als gleichwertige Mitbürger aufgenommen haben. Dafür sind wir Donauschwaben sehr dankbar! Denn gerade durch diese noble innere Haltung konnte sich bei uns ein Heimat-gefühl entwickeln, dass uns das Einleben ermöglichte und das Heimischwerden erleichterte.
  
Wir können stolz sein auf die gelungene Integration unserer Landsleute im Zusammenwir-ken mit der einheimischen Bevölkerung. Was hier in den Nachkriegsjahren unter schwierigen Bedingungen von allen Seiten vollbracht wurde, ist eine Leistung, deren wir uns immer wieder erinnern sollten.
  
Wir können hier nun schon über ein halbes Jahrhundert mit unseren Nachkommen in Frieden und Freiheit und auch meistens frei von finanziellen Sorgen leben. Unser Dank gilt allen Menschen und Institutionen in Deutschland, Österreich und Übersee, die uns so freundlich aufgenommen und integriert haben.
  
Meine Damen und Herren, trotz der liebgewordenen neuen Heimat und den weit verstreuten Wohnorten unserer Landsleute, haben sie die Zusammengehörigkeit gepflegt und Ihre Bulkeser Treffen über viele Jahre traditionell durchgeführt und erhalten. Und Bulkes, Ihre alte Heimat, liebe Landsleute, tragen Sie in Ihrem HERZEN!
  
Wir brauchen zuweilen die Erinnerung an früher, sozusagen als Kraftquelle für die Gegen-wart und Zukunft. Dabei sollen uns das Haus der Donauschwaben, die Heimatortstreffen und die Heimatzeitungen helfen. Bulkes, ist im Haus der Donauschwaben vielfältig vertreten:

-  die umfangreiche Bulkeser Literatur in der Bibliothek,
-  Ihr verewigter Ortsname auf der Stiftertafel und auf der Ehrenwand,  
-  der finanzielle Beitrag der Heimatortsgemeinschaft Bulkes für dir Überdachung der
Ehrenwand, für die Bestuhlung des Festsaals und für die Mitgliedschaft im Förderkreis.

All das ist ein Beweis, dass Bulkes auch heute noch eine lebendige Ortsgemeinschaft darstellt, gekennzeichnet durch eine starke Verbundenheit zur alten Heimat und zum Haus der Donauschwaben.
  
Sie, liebe Bulkeser Landsleute, sind heute nun mit Ihrem HOG-Treffen in das Weltheimathaus der Donauschwaben gekommen, um in einer würdigen Feierstunde Ihrer grausam umgekommenen Landsleute zu gedenken – am Bulkeser Gedenkkreuz in unserem Ehrenhof, dem symbolischen Friedhof aller Donauschwaben.
  
Zu diesem Bulkeser Tag, meine Damen und Herren, heiße ich Sie nochmals alle herzlich willkommen daheim und wünsche Ihnen einen besinnlichen und gleichzeitig einen frohen Verlauf des heutigen Tages. Mögen es erlebnisreiche Stunden herzlicher Begegnungen und liebevoller Erinnerungen werden.

Ihrer Heimatortsgemeinschaft Bulkes wünsche ich auch weiterhin lebendiges Gedeihen!

Musikeinlage: Impromptu As-Dur, Op. 142
von F. Schubert

Mit dieser letzten musikalischen Darbietung am Klavier war die Feierstunde im Festsaal beendet. Die Teilnehmer begaben sich in den Ehrenhof.


Totengedenken im Ehrenhof vor der Ehrenwand
 

 „Ich bete an die Macht der Liebe“  
Gemeinsames Lied mit Trompetenbegleitung durch Heinrich Lauer

Gedenkworte
Johann Weber, Pforzheim

Am 10. Oktober 1993, vor nahezu 12 Jahren, standen wir mit vielen Bulkesern hier, um unsere Bulkeser Totenzahl an der Ehrenwand zu enthüllen.
Heute, nach 60 Jahren, stehen wir wieder hier und trauern um unsere Toten, die wir, so lange wir leben, nie vergessen werden.  

Obwohl die Zahlen schon des Öfteren genannt wurden, möchte ich sie noch einmal in Erinnerung rufen, so wie sie auf den Bulkeser Internetseiten dokumentiert sind:
  
Von der erfassten Bulkeser Einwohnerzahl vor der Flucht und Vertreibung im Oktober 1944 von 2723 Personen, verloren 847 Bulkeser als Zivilopfer – also fast jeder dritte Bulkeser -  sein Leben. Davon 434 Frauen, 222 Männer und 191 Kinder unter 14 Jahren. Die weitaus meisten von ihnen, 800 Personen, starben nach dem Kriegsende (nach dem 8. Mai 1945)!
  
Nimmt man nur die dem Tito-Regime ausgelieferten 1784 Personen, so ergibt das einen Anteil von 47,5 Prozent, die dem Völkermord zum Opfer fielen.
  
Es kamen noch 127 Kriegsopfer dazu, so dass es mit den Zivilopfern aus der Deportation die hier in der Ehrenwand eingemeißelte Gesamtzahl von 973 Toten ergibt.
  
Von den oben erwähnten  2723 Einwohnern haben von 1941 bis 1948 nur 1748 überlebt (64 Prozent).  

Für die, die nicht unmittelbar dabei waren, übersteigt es ihr Fassungsvermögen, was sich in den Todeslagern abgespielt hat.

   Der Untergang der Deutschen aus Jugoslawien, der donauschwäbischen Volksgruppe überhaupt, gehört mit Sicherheit zu dem Grausamsten, was es in der Mitte des 20. Jahrhundert  gegeben hat. 
  
Es tut nicht nur weh, dass wir unsere Lieben, dieses Land und alles verloren haben, sondern auch der Hass der uns entgegen schlug und der auch heue noch zu spüren ist.

Wer gibt Antwort auf die Frage WARUM?

Unser langjähriges Heimatausschussmitglied Peter Schertz berichtete über die Geschehnisse in einem Gedicht:  

Gar viele starben vor 60 Jahren,                  Die Mörder rühmten sich ihrer Taten,
obwohl sie allesamt schuldlos waren.              verhöhnten die, die um Gnade baten.
Die Massengräber füllten sich.                    Die Welt sah zu! Wer denkt an sie?
Ergraute Greise und Kinderscharen -               Erwartet man von den Augenzeugen,
sie starben, nur weil sie Deutsche waren,         dass sie sich heut’ noch dem Unrecht beugen?
gequält, geschändet – fürchterlich!               Verzeihen? Ja! – Vergessen? Nie!

Kranzniederlegung
durch Magdalena Harfmann, geb. Hoffmann und Karl Glas

Trompetenbegleitung:
„Ich hatt’ einen Kameraden“


Geistliche Worte
Karl Weber, Karlsruhe  

Herr, du bist unsere Zuflucht für und für.
Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden,
   bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder.
Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist,
   und wie eine Nachtwache.

Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom.
Sie sind wie ein Schlaf, wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst,
das am Morgen blüht und sproßt, und des Abends welkt und verdorrt.
Das macht dein Zorn, daß wir so vergehen,
     
und dein Grimm, daß wir so plötzlich dahin müssen.
Denn unsre Missetaten stellst du vor dich,
    
unsre unerkannte Sünde ins Licht vor deinem  Angesicht.
Darum fahren alle unsre Tage dahin durch deinen Zorn,
     
wir bringen unsre Jahre zu wie ein Geschwätz.

Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre,
     
und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe;
     
denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.
Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.

                                                                                             
Psalm 90, 1-12

Gebet:

Gott, unser Vater! Im Gedenken an das Geschehen vor 60 Jahren an die Opfer grausamer Kriege, im Gedenken an zerstörtes Leben vieler Millionen Menschen, an Vertriebene, Deportierte, bitten wir dich um Frieden. Wir selbst, ausgeliefert unserer Angst und unserem Misstrauen, können ihn nicht halten und schaffen.
  
Täglich müssen wir dich bitten, dass uns nicht Liebe und Vertrauen, Verständnis und Mitgefühl abhanden kommen. Erfülle uns mit dem Geist des Friedens, insbesondere die Verantwortlichen aller Staaten und Mächte, damit nicht Spannungen zu Gewalt führen und Konflikte mit Waffen ausgetragen werden.
  
Eine laute Welt lässt uns leicht die Stille der Toten vergessen, die stumme Klage an verlorenes Leben, ihr Opfer auf den Altären falscher, angemaßter Götter. Alle Toten sind aufgehoben in deinem Frieden. – Uns aber, die Lebenden, bewahre vor leichfertigem Vergessen, vor Unbelehrbarkeit, in der wir immer in die gleichen Fehler verfallen. Erleuchte uns durch die Kraft des Evangeliums des Friedens. Amen.

Gemeinsam gebetet:
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Der Herr segne uns und behüte uns. / Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. /Der Herr hebe sein Angesicht über uns und gebe uns Frieden. Amen.

„Grosser Gott wir loben Dich“
Gemeinsames Lied mit Trompetenbegleitung  

Ende der Totenehrung

 

Fototermin
zur Gruppenaufnahme an der Eingangstreppe des Hauses.

 

Schlussworte
Von Franz Jung im Seminarraum vor dem Mittagessen  

Die Feierstunde unseres Gedenktages kommt zum Abschluss. Ich darf wohl behaupten, dass es ein feierlicher und würdiger Festakt war.
  
Wir haben zu danken für die freundliche Begrüßung und Ansprache vom Vorsitzenden des Vereins „Haus der Donauschwaben“ Otto Welker. Sie alle haben die Ansprache gehört und haben den Ehrenhof gesehen. Sie haben die Gelegenheit mit Führung durch Frau Mojem das Haus zu besichtigen. Diese Maßnahmen sind natürlich alle mit Kosten verbunden. Zuschüsse von Stadt und Land werden jedoch immer weniger. Trotz 629 Veranstaltungen im vergangenen Jahr konnten die Unkosten nicht gedeckt werden. Um unser Weltheimathaus weiter lebendig zu erhalten, sind wir auf Spenden angewiesen. Dank unserer Bulkeser Stifter und Spender konnten wir es tun. Nun bitten und hoffen wir auf weitere allgemeine Zustimmung.
  
Ein weiteres Dankeschön an die Geschäftsführerin, Frau Henriette Mojem. Ich sage immer wieder, sie ist die Seele des Hauses, denn sie hat uns wieder mit Rat und Tat unterstützt, sei es bei der Programmgestaltung, Zimmerbesorgung, Aufstellung der Vitrinen oder das Auslegen der Bilder von der Bulkeser Veranstaltung 1993 oder der Beauftragung der Pianistin bzw. des Trompeters. Deshalb von dieser Stelle nochmals ein ganz herzliches Dankeschön.

  
Auch der Familie Weiglein für die Versorgung mit Speis und Trank sei gedankt. Ein Dankeschön an die Pianistin Olga Csechlova und den Trompeter Reinhold Lauer.
  
Nicht weniger danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Gedenkfeier. Und Eure Anwesenheit liebe Bulkeser und ganz besonders der jungen Generation, welche mit viel Mühe und Strapazen bewirkt, ihren Eltern die Teilnahme ermöglichen, stärkt unsere Gemeinschaft und erneuert den Beweis der Treue zur alten Heimat. Der Heimatausschuss dankt Ihnen dafür.
  
Und nicht zuletzt dankt der Heimatausschuss noch einmal der Vorstandschaft und Geschäftsführung unseres Weltheimathauses für die bisherige hervorragende Zusammenarbeit und hofft, dass es auch in Zukunft so bleibt.
  
Somit ist die Feierstunde mit Totenehrung zu Ende. Danke für Eure Geduld, ich wünsche nun einen guten Appetit, schöne Stunden beim gemütlichen Beisammensein und später eine gute Heimfahrt.  

Nach diesen Schlussworten überreichte Franz Jung an Herrn Otto Welker und Frau Henriette Mojem kleine Präsente des Dankes.

Während und nach dem guten Mittagessen wurde ausgiebig miteinander erzählt. Einige der Bulkeser Teilnehmer waren zum ersten Mal im Weltheimathaus der Donauschwaben, für sie war es ein ganz besonderes heimatliches Erlebnis.
  
Nach dem Mittagessen führte Frau Mojem die etwa 40 Interessierten in einem sehr informativen Rundgang durch das Haus. Sie waren voll des Lobes über das Gesehene und Gehörte durch unsere Gastgeberin.
  
Gegen 15.30 Uhr wurde zum Kaffee und Kuchen eingeladen. Nach dieser Stärkung begann der Aufbruch zur Heimreise. Bei vielen wollten jedoch die Gespräche nicht abreißen, sie endeten zum Teil erst auf dem Parkplatz.
  
Die Letzten verließen gegen 17.30 Uhr das freundliche Haus, viele von ihnen mit der Absicht, bei nächster Gelegenheit wiederzukommen.

Ein letzter Dank gilt allen Beteiligten, unseren Gastgebern Herrn Otto Welker und Frau Henriette Mojem, dem Wirtsehepaar Weiglein, unseren Ehrengästen und allen Bulkeser Landsleuten, insbesondere unseren Nachkommen. Ein jeder und jede hat für sich auf seine/ihre Weise zum guten Gelingen der Veranstaltung beigetragen.

Es war ein würdiger Bulkeser Gedenktag, ein weiterer markanter Wegstein, einer der letzten unserer Bulkeser Geschichte.

Dafür dürfen wir unserem Schöpfer sehr dankbar sein.  Möge er weiter an unserer Seite bleiben und seine Hand über uns halten.